Haushaltssicherung wird zur Farce

Mit Thomas Pfistner beim Pressegespräch
Mit Thomas Pfistner beim Pressegespräch
Pressegespräch zum HSK: Im Finanzausschuss am 2. November wurde vor allem eines sehr deutlich: Das Erfurter Haushaltsdrama setzt sich fort. Über das Konzept zur Haushaltssicherung wurde nämlich nicht abschließend beraten. Es wurde vertagt, so wie es bereits auch in den anderen Fachausschüssen geschehen war. Dabei scheint sich die rot-rot-grüne Kooperation des Oberbürgermeisters über etliche Punkte des 91 Maßnahmen umfassenden Konzepts nicht einig zu sein, sonst wäre es kaum zu den Vertagungen gekommen. Diese Verschleppung offenbart nach unserer Überzeugung den internen Streit der Kooperationsgemeinschaft. Wozu dient ein Haushaltssicherungskonzept (HSK)? Die Thüringern Kommunalordnung (§ 53a) sieht ein solches Konzept u.a. dann vor, wenn Fehlbeträge in vergangenen Haushalten nicht gedeckt werden können oder abzusehen ist, dass künftig eine vollständige Deckung zu erwarten ist. Dies trifft auf den Erfurter Haushalt nicht zu. In den letzten Jahren wies die Erfurter Finanzbeigeordnete in ihren Vorberichten zum Haushalt mehrfach auf solche Diskrepanzen und auf die fehlende Rechtskonformität hin. Die Konsequenz ist nun das HSK, das bis 2022 drastische Sparmaßnahmen in Höhe von 136 Mio. Euro vorsieht, um in Erfurt wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt zu gelangen. Die Schuld sieht die CDU-Fraktion beim Oberbürgermeister, seiner Verwaltung und bei Rot-Rot-Grün insgesamt, die den Erfurter Haushalt mit einer schlechten Finanz- und Wirtschaftspolitik dorthin gebracht haben, wo er heute steht. Die Einschnitte werden voraussichtlich tief und schmerzlich sein. Welche schwerwiegenden haushälterischen Folgen hat die Vertagung des HSK? Es ist vor allem eines klar: Solange kein beschlossenes und kein von der Aufsichtsbehörde bestätigtes HSK vorliegt, kann auch kein neuer Haushaltsentwurf für 2017 beschlossen werden. Durch die Vertagungen in den Ausschüssen durch Rot-Rot-Grün kommt es zu erheblichen Verzögerungen. Als federführender Ausschuss obliegt es dem Finanzausschuss abschließend über das HSK zu beraten, bevor der Stadtrat endgültig darüber abstimmen kann. Vorher jedoch muss das Konzept in allen Fachausschüssen abgestimmt werden. Durch die Beratungsfolge in den nächsten Monaten ist damit eine Abstimmung im Finanzausschuss erst am 18. Januar 2017 möglich und die Beratung im Stadtrat am 01. Februar 2017. Sollte das HSK vom Stadtrat beschlossen werden, muss es außerdem vom Landesverwaltungsamt Weimar als zuständige Aufsichtsbehörde bestätigt werden. Diese Vorgänge brauchen viel Zeit und haben unmittelbare Auswirkungen auf die Erstellung des Haushaltes 2017. Nachdem die letzten Haushalte deutlich zu spät kamen und die vorläufige Haushaltsführung der Erfurter Sozial- und Kulturlandschaft sukzessive den Gar ausmachte, versprach der Oberbürgermeister, den Haushalt 2017 noch im Jahr 2016 einzubringen. Dass dies eine Lüge war, wird nun offensichtlich. Der Haushalt 2016 wird vermutlich erst Ende des Jahres rechtskräftig und auch im Jahr 2017 müssen die Erfurter Vereine, Verbände und Ortsteile etc. damit rechnen, erneut unter einer vorläufigen Haushaltsführung zu leiden. Denn erst wenn das HSK in Weimar gemäß der Thüringer Kommunalordnung bestätigt ist, kann der Oberbürgermeister die Schritte für den Haushalt 2017 in die Wege leiten. Außer Ankündigungsrhetorik bleibt da nicht viel. Wenn man grob rechnet, wird es einen bestätigten Haushalt für 2017 frühestens Mitte 2017 geben. Aspekte und Perspektiven des HSK Vor den Folgen und Konsequenzen der bisherigen Haushaltspolitik des Oberbürgermeisters hatte die CDU-Fraktion immer wieder gewarnt. Das HSK eine traurige, aber notwendige Konsequenz aus den Jahren des defizitären Haushalten von Rot-Rot-Grün. Zu den bestehenden Einschnitten werden weitere kommen. Der Oberbürgermeister hatte zwar Anfang 2016 davon gesprochen, er wolle den Dialog mit allen Fraktionen suchen, dies hat jedoch nicht stattgefunden. „Er scheut offenbar das Gespräch. Besonders bei kritischen Themen zieht er sich scheinbar zurück“, bemängelt CDU-Fraktionschef Michael Panse. Die CDU-Fraktion sieht die Zusammenstellung der 91 Einzelmaßnahmen grundsätzlich kritisch. Damit wird die Notwendigkeit des HSK nicht infrage gestellt. Verschiedene der Maßnahmen erachtet auch die CDU-Fraktion als notwendig und damit als zustimmungsfähig. Ein zentraler Streitpunkt bleibt aus CDU-Sicht vor allem die Personalentwicklung. Es ist geplant, in dem Bereich 60 Mio. Euro in den sechs Jahren einzusparen. Allerdings liegt das seit 2010 eingeforderte Personalentwicklungskonzept immer noch nicht vor. Ein klassisches Beispiel ist die Wiederbesetzung von Stellen. So geht der Bürgerbeauftragte Erfurts Ende 2016 in den Ruhestand. Sowohl diese Stelle, als auch die Stelle eines Ausländerbeauftragten könnten zusammengelegt werden. Stattdessen will sie der Oberbürgermeister beide neu besetzen. Ein Sparwille ist dabei nicht erkennbar. Wie soll das Pensum des HSK also geschafft werden? Der HSK-Entwurf besteht außerdem, ähnlich wie die vergangenen Haushalte, aus Luftbuchungen. CDU-Finanzpolitiker Thomas Pfister spricht von circa 17 Mio. Euro, die nicht wirklich untersetzt sind. Dabei sind folgende Beispiele zu nennen: Der Oberbürgermeister plant eine Erhöhung der laufenden Ausschüttungen der Stadtwerke an die Stadt. Ob dies für das Unternehmen Stadtwerke zuträglich und gewollt ist, bleibt offen. Im Zweifel könnte das Folgen für Stadtwerkekunden haben. Auch die Sparkasse dürfte nicht erfreut sein. Denn auch hier plant der Oberbürgermeister mit höheren Ausschüttungen über die nächsten Jahre. Dies wäre für die Sparkasse fatal, wenn man die aktuelle Lage auf dem Finanzmarkt und den Zinssätzen bedenkt. Eine Zustimmung des Verwaltungsrates bleibt ungewiss. Die gleiche Problematik besteht für die KoWo. Eine weitere Erhöhung der Ausschüttung steht im Gegensatz zu einer Investitionswelle, die in den nächsten Jahren für Sanierungen und Instandhaltung auf das Unternehmen zukommt. Ob der gemeinnützige Auftrag der KoWo dann noch erfüllt werden kann, ist fraglich. Als letztes Beispiel ist das Sozialticket zu nennen. Es ist das ewige Streitthema bei Rot-Rot-Grün. Nun ist geplant, es auf den Verkehrsverbund Mittelthüringen abzuwälzen. Dieser lehnt ein solches Ticket ab. Im HSK taucht es als Luftbuchung trotzdem auf. Für die weitere Beratung wird die CDU-Fraktion selbst Vorschläge und Änderungen für das HSK einbringen. Grundsätzlich steht aber zunächst auch die allgemeine Verfahrensweise zum HSK mit samt ihren Verzögerungen in der Kritik. Das Verfahren bisher ist äußerst schlecht gelaufen. Die CDU hatte vorab vor Verzögerungen gewarnt. Diese könnten aber auch so gewollt sein. Bei einigen Punkten des HSK wäre außerdem zu hinterfragen, ob der Stadtrat überhaupt Entscheidungsbefugnis hat. Selbst spricht der Oberbürgermeister bei verschiedenen Themen dem Stadtrat ab, er könne mitentscheiden. Die Finanzen werden ihm jedoch nun zur Last. Da ist es ihm offenbar lieber, die Verantwortung an den Stadtrat abzugeben. Es liegt nun beim Oberbürgermeister, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und Gespräche mit den Fraktionen zu suchen. Offenbar scheint es ihm derzeit zu entgleiten. Auf seine eigene Kooperation aus SPD, Linken und Grünen ist offensichtlich kein Verlass mehr, obwohl man sich vorgenommen hatte bis 2019 alle Haushalte gemeinsam zu beschließen. Der jetzige finanzielle Gesamtrahmen der Stadt dürfte eine erhebliche Belastung für diese Kooperation sein. Es kann aber auch noch nicht schlimm genug sein, sonst wäre der Oberbürgermeister bereits auf die übrigen Fraktionen zugegangen. (Quelle: Alex Hein, Referent CDU-Stadtratsfraktion)

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