Reformationstag 2025 in Jerusalem

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen erst am Ende meiner Israel-Reise zusammenfassend etwas zu schreiben und die Zeit hier einfach für das Land und die Menschen zu nutzen.

Der gestrige Reformationstag ist aber so verlaufen, dass ich meine Gedanken dazu jetzt schon niederschreiben möchte. Als Christ hat man es im Heiligen Land derzeit nicht leicht. Das ist nicht neu, weil seit vielen Jahren die Zahl der Christen stark rückläufig ist. Abt Nikodemus, den ich auch gestern getroffen habe, sagt immer Israel läuft Gefahr ein christliches Disneyland zu werden. Millionen Christen kommen hierher und bestaunen die Heiligen Stätten, aber es gibt kaum noch funktionierende Gemeinden. Zudem, so berichtete es mir Abt Nikodemus, werden Christen zunehmend auch Ziel von Angriffen und Beleidigungen – zumeist durch orthodoxe Juden.

Ich konnte heute bei der Mittagshore in der Dormitio Abtei dabei sein und anschließend mit den Mönchen zu Mittag essen. Gerade am Reformationstag fand ich dies ein schönes Signal.

Beim Gottesdienst in der Erlöserkirche waren am Nachmittag neben Abt Nikodemus auch Vertreter anderer Religionen dabei, u.a. der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Abraham Lehrer. Vor der Kirche konnte ich ihn, den Landtagspräsidenten Andre Kuper und die Antisemitismusbeauftragte von NRW Sylvia Löhrmann kurz begrüßen. Sie alle sind mit einer Delegation aus NRW derzeit in Israel und so trafen sich viele Gäste aus Deutschland zum dreisprachigen Gottesdienst (Englisch, Arabisch und Deutsch).

Bischof Sani Ibrahim Azar hielt die Predigt und seine Worte lösten durchaus einen Eklat aus. Er ging in seiner Predigt auch auf Gaza und die Situation der Christen ein – das ist nicht ungewöhnlich in dieser Zeit. Ungewöhnlich ist es jedoch für einen evangelischen Würdenträger in dem Zusammenhang die Frage zu stellen: “Aber wie sieht es mit der Reformation nach zwei Jahren Völkermord aus?”.

Beim Wort “Genocide” stand Abraham Lehrer auf und verlies den Gottesdienst. Ich kann seinen Unmut sehr gut verstehen und halte es ausdrücklich auch als evangelischer Christ für falsch, wenn von einem Bischof am Reformationstag solch eine Aussage kommt. In Deutschland hat die evangelische Kirche dazu eine klare Position – es ist kein Völkermord in Gaza!

Was Bischof Azar mit seiner Predigt bezweckt hat, erschließt sich mir nicht. Die Situation der Chrsisten in der Region stärkt er damit jedenfalls nicht. Auch der anschließende Empfang im Kreuzgang der Erlöserkirche war von der Diskussion über den Eklat noch überlagert. Ich danke ausdrücklich Abraham Lehrer, aber auch der Delegation aus NRW, die klar Position bezogen haben. Ich teile Ihre Kritik!

Artikel Deutschlandfunk

Bilder vom Reformationstag und der Predigt

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