Stadtratssitzung 25.5.2016
Jetzt ist es Ende Mai und ein Haushaltsentwurf ist in Erfurt weit und breit nicht in Sicht. Vor einem Jahr waren wir zu diesem Zeitpunkt gerade auf der Zielgerade der Haushaltsberatungen und auch da gab es bereits berechtigte Kritik für die halbjährige Verspätung. Offensichtlich wird das Thema aber nun selbst der sonst eher lethargischen Koalitionsgemeinschaft von Rot-Rot-Grün unangenehm.
Regelmäßige Demonstrationen gegen die Haushalt- und Finanzpolitik der links-link-grünen Gemeinschaft und des Oberbürgermeisters zerren an den Nerven. Aber muss deutlich gesagt werden, Rot-Rot-Grün und der Oberbürgermeister haben dies verursacht und bereits ein halbes Jahr verschenkt. Sie hätten im November 2015 dem Antrag der CDU-Stadtratsfraktion zustimmen können, als wir die fristgemäße Vorlage eines Haushaltsentwurfs einforderten und auf drohende Konsequenzen der vorläufigen Haushaltsführung hinwiesen. Die Kolleginnen und Kollegen steckten aber den Kopf in den Sand, hielten sich Augen und Ohren zu und vertrauten stattdessen der Ankündigungsrethorik des Oberbürgermeisters.
Der nun heute vorgelegte Antrag ist bestenfalls “schmückendes Beiwerk”. Dies erklären aber nicht nur wir als Opposition, dies erklärt auch der Stadtratskollege Andre Blechschmidt von den Linken. Schmückendes Beiwerk? Für was denn? Es gibt gar nichts. Es gibt keinen Fahrplan, kein Konzept und schon gar keinen Haushaltsentwurf. Dabei gibt die Thüringer Kommunalordnung die Antwort auf die Frage, wer dafür zuständig ist. Also wer legt wem was wann vor? Es ist der Oberbürgermeister! Es ist sein Job, er ist Chef der Verwaltung. Er ist auch derjenige, der das Thema vor vier Monaten zur Chefsache erklärt hat. Er hat dabei versagt!
Wir beraten in der heutigen Stadtratssitzung drei Themen gemeinsam:
Den Antrag der CDU – darin fordern wir, dass Fakten auf den Tisch gelegt werden
Die Information über die Fortschreibung der vorläufigen Haushaltsführung des Oberbürgermeisters
Das vermeintlich schmückende Beiwerk von Rot-Rot-Grün
Dabei ist die Verwaltungsinformation zur vorläufigen Haushaltsführung das einzige Papier mit nennenswerten Zahlen. Allerdings ist auch dies für Rot-Rot-Grün nur von Interesse bezüglich des Sozialtickets. Seit Monaten sorgt das Sozialticket für Aufregung bei den Linken und wird zum Hauptkampfthema erklärt. Die Diskussion kommt dann schnell an den Punkt, an dem die Linken mit dem Ende der Koalition drohen und der Oberbürgermeister einknickt. In den Medien war aktuell zu lesen, dass nach seiner Meinung an der aktuellen Streichung des Sozialtickets die Finanzbeigeordnete Schuld sei. Die ist nicht nur fachlich falsch, weil der Oberbürgermeister die Verantwortung trägt – es ist seine DBOB-Vorlage. Sie ist auch in höchstem Maße unanständig! Sich feige und verantwortungslos beiseite zu stellen ist nach Auffassung der CDU-Fraktion eines Oberbürgermeisters unwürdig!
Mit der vorläufigen Haushaltsführung werden Kürzungen fortgeschrieben bzw. verstärkt. Rund 2,7 Millionen sollen bis zum Jahresende damit gespart werden und dies vor allem zu Lasten Dritter, weil deren Zuschüsse weiter gekürzt werden. In den ersten Monaten gab es aber durch die vorläufige Haushaltsführung noch keine nennenswerten Effekte. In der Antwort auf den CDU-Antrag weist die Verwaltung darauf hin, dass sie meilenweit von einem ausgeglichenen HH entfernt sein. Was sind nun die Ursachen dafür? Erstaunlicherweise erklärt jetzt endlich der Oberbürgermeister das, was seine Beigeordnete seit Jahren predigt. Die Personal- und Sozialausgaben laufen aus dem Ruder! Darüber hinaus strotzt allerdings die Stellungnahme des OB auf den CDU-Antrag vor Unkenntnis und Ignoranz. Wenn dies tatsächlich sein Wissensstand zum Thema Finanzen ist, kann einem Angst und Bange werden um die Landeshauptstadt!
Der Antrag von Rot-Rot-Grün klingt in seinem ersten Punkt noch ganz nett und zustimmungsfähig. Er suggeriert, sie würden das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Leider tun sie es nicht. Das Papier ist beim genauen Lesen eine schallende Ohrfeige für den Oberbürgermeister. Tut er denn nicht das was Rot-Rot-Grün von ihm fordert? Als OB nicht und auch nicht als SPD Landesvorsitzender? Er soll “Planungsaktivitäten auf die Erstellung eines Haushaltsentwurfs konzentrieren” mahnt ihn sein Koalitionsbündnis…
Der Antrag ist aber auch eine schallende Ohrfeige für die sechs Stadträte von Rot-Rot-Grün, die zugleich Landtagsabgeordnete sind, denn auch sie scheinen das nicht zu tun, was von ihnen gefordert ist. Sie sollen für eine “auskömmliche Finanzierung der Kommunen” sorgen. Gemeinsam mit dem Ex-Stadtrat und jetzigen Innenminister Poppenhäger haben sie den Doppelhaushalt 2016/2017 einschließlich des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) beschlossen.
Für uns ist zu dem Antrag festzustellen, dass er den 2. vor dem 1. Schritt versucht. Wir brauchen erst einmal einen Haushaltsentwurf, bevor wir etwas beschließen können. Rot-Rot-Grün zeigt mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf vermeintlich Schuldige – den Bund und das Land. Das Land sind sie selber und erkennen nicht, dass der ausgestreckte Finger zwar auf andere zeigt, aber drei Finger der gleichen Hand auf sie selbst.
Sie haben gemeinsam mit dem OB die Haushalte der letzten Jahre beschlossen und in den letzten beiden Jahren mit Millionendefizite abgeschlossen. Die Finanzbeigeordnete Frau Pablich hat dazu eindringliche Appelle an den Finanzausschuss und den Stadtrat gerichtet. Der Oberbürgermeister hat dies öffentlich noch nicht getan. Dem Vernehmen nach scheiterte er bereits in seiner eigenen Fraktion, als er es bei einer Klausurtagung versuchte. Nach heftigem Gegenwind rollte er sich wieder zusammen.
Der Oberbürgermeister weiß allerdings recht gut wo die Säge klemmt. Die Personalausgaben der Stadt stiegen auch im laufenden Jahr wieder – von 164 Millionen Euro auf 168 Millionen Euro. Im Jahr 2006, dem Jahr seines Amtsantritts, waren es noch 117 Millionen Euro. 60 neue unbefristete Personalstellen wurden allein in diesem Jahr geschaffen. Die Sozialausgaben stiegen zwischenzeitlich auf 185 Millionen Euro. Beides zusammen sind die Kostentreiber im städtischen Haushalt. Ein Personalentwicklungskonzept gibt es bis heute nicht und auch über das Haushaltssicherungskonzept ist noch nichts bekannt.
Die CDU fordert daher den Oberbürgermeister nachdrücklich auf, die Finanzen zur wirklichen Chefsache zu machen. Sein erster Versuch zu Beginn des Jahres scheiterte bei den Gesprächen mit seinen Beigeordneten und Amtsleitern. Wir fordern ihn eindringlich auf einen HH-Entwurf zeitnah vorzulegen und mit den Stadträten, Fachausschüssen und den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren.
Rot-Rot-Grün will bis 2019 die Haushalte gemeinsam beschließen. Wenn ihnen die Kraft dazu fehlt, sollten sie die Konsequenzen für ihr fragiles Koalitionsbauwerk ziehen!