Ulrich W. Sahm zu Gast in Erfurt – klare Worte zur aktuellen Situation in Israel
Der heutige Eintrag im blog stammt von einem guten Freund, der gestern Abend gemeinsam mit dem RCDS Thüringen eine interessante Veranstaltung zu Israel organisiert hat.
Ich freue mich sehr, dass ich vor nunmehr zwei Jahren bei Robert Friebe während seines Praktikums in meinem Landtagsbüro und vor allem während der gemeinsamen Reise nach Israel im Herbst 2009 die Begeisterung für das Land wecken konnte. Ab Oktober wird Robert nun sogar in Tel Aviv studieren. Alles Gute dafür! Garantiert werde ich Robert in Israel im nächsten Jahr besuchen.
Was steckt hinter dem Arabischen Frühling und wie schauen die Israelis auf die Umbrüche in ihren Nachbarstaaten? Unter dieser Fragestellung lud der RCDS Erfurt gestern zu einer Diskussion mit dem bekannten Nahostkorrespondenten Ulrich W. Sahm vor passender Kulisse in die bis auf den letzten Platz besetzte Kleine Synagoge Erfurts.
Seit nun mehr als 40 Jahren hat er seinen Lebensmittelpunkt in Jerusalem und hat in dieser Zeit durch ein breitgefächertes Kontaktnetzwerk mehr als nur einen Einblick in die Befindlichkeiten der israelischen Menschen und Politik. Und so gelang es Sahm gestern Abend zahlreiche Vorurteile, die von deutschen Medien seit Jahren forciert werden, aufzudecken und sie argumentativ in Luft aufzulösen: Die zuletzt immer wieder kritisierte „Blockade“ stehe komplett in Einklang mit den Osloer Abkommen von 1993, in denen beide Seiten miteinander vereinbarten, dass Israel trotz palästinensischer Autonomiegebiete für die äußere Souveränität (und damit die Grenzen) verantwortlich bleibt. Auch den zynischen Vergleich von Berliner Mauer und der Sperranlage zwischen israelischem Kernland und dem Westjordanland konnte er an einigen Beispielen entkräften und öffnete so vielen Teilnehmern die Augen für das israelische Dilemma zwischen Besatzung und Heimatsicherheit. Ulrich W. Sahm ist nicht müde zu betonen, dass Israel der Leuchtturm der Demokratie im Nahen Osten sei, was beispielsweise daran bewiesen werden könne, dass es einen ständigen Wechsel zwischen linken und rechten Regierungen gebe und einen Obersten Gerichtshof, der auch von Palästinensern angerufen werden könne. Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu, dass gerade dieses Gericht unter Vorsitz eines Arabers (!) eben erst den ehemaligen Staatspräsidenten Katzav verurteilt habe – wenn das nicht demokratisch sei, dann wisse er auch nicht, was demokratisch ist…
Ebenso wichtig für die stabile Demokratie in Israel seien ferner die vielen humanitären Friedensorganisationen wie „Peace Now“ oder „B’Tselem“. Mit Blick auf die anti-israelische Meinungsmache, so Sahm, solle man ihm doch erstmal palästinensische Organisationen zeigen, die sich für einen menschlicheren Umgang mit den Israelis einsetzen würden. Gespickt mit unzähligen historischen Details und „Infos aus erster Hand“ betonte er auch, dass man nur schwer von Demokratisierungsprozessen in den arabischen Ländern sprechen könne, wenn man gar nicht weiß, was am Ende bei rauskomme.
Auch in Deutschland dachte man schon 1848 eine Demokratie eingeführt zu haben, aber tatsächlich musste für diese Errungenschaft erst ein ganzes Jahrhundert voller schmerzlicher Erfahrungen vergehen. Dementsprechend schweigsam ist dann auch die Regierung in Jerusalem in der aktuellen Phase der Umbrüche, um sich ja keine antisemitischen Vorwürfe gefallen lassen zu müssen, die „weltweite Verschwörung der Juden“ habe wieder zugeschlagen. Auch Israels globale Beziehungen konnten noch kurz angeschnitten werden und der vermeintlichen amerikanisch-israelischen Unverbrüchlichkeit eine ebenso starke Allianz mit China und Indien entgegengehalten werden.Vielleicht auch ein klein wenig erschöpft ob der vielen neuen Erkenntnisse konnten sich die Besucher noch mit einem köstlichen Snack aus Baguette, Olivenöl und dem orientalischen Gewürz Zatar für den Heimweg stärken.
Robert Friebe