Vernetzungstreffen Antidiskriminierung in Berlin
Noch dauert es rund zweieinhalb Stunden von Erfurt nach Berlin – aber die regelmäßig durchgehende schnelle ICE-Verbindung ist bereits in Sicht. Dennoch bin ich gerne und auch relativ häufig zu Fachtagungen in der Bundeshauptstadt.
Der gestern und heute stattgefundene Ländertag Antidiskriminierung war aber ein Novum. Erstmals trafen sich auf Einladung der Berliner Antidiskriminierungsstelle Vertreter von 12 Bundesländern um sich zu vernetzen und die künftige Arbeit zu besprechen.
Seit Anfang 2013 bin ich als Ansprechpartner der Landesregierung in Thüringen für das Thema der Antidiskriminierungsarbeit zuständig. Die Bundesländer haben dazu höchst unterschiedliche Strukturen. In drei Bundesländern (Berlin, Hessen und Schleswig-Holstein) gibt es neben dem Bund eigenständige Antidiskriminierungsstellen. In Berlin sogar ausgestattet mit insgesamt 12 festen Personalstellen.
In Thüringen sind wir noch nicht so weit, aber in ihrem Koalitionsvertrag haben Linke, SPD und Grüne vereinbart, dass auch in Thüringen eine eigenständige Antidiskriminierungsstelle geschaffen werden soll. Die Gründung von Antidiskriminierungsstellen geht auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 zurück.
Seit der Gründung der ADS des Bundes im Jahr 2008 gab es rund 23.500 Anfragen in Berlin und rund 3.000 Gerichtsverfahren mit AGG-Bezug. Vor Gericht landeten rund 30 Prozent Fälle auf Grund geschlechtsspezifischer Diskriminierung (häufiger Männer), 30 Prozent auf Grund von Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und 30 Prozent wegen Altersdiskriminierung. In der Beratungspraxis, so berichteten alle Kolleginnen und Kollegen dominiert allerdings der Bereich rassistischer Diskriminierungen. Es gibt noch zwei weitere die AGG-Felder: Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung und wegen Weltanschauung und Religion.
Die Berliner Staatssekretärin Barbara Loth betonte, dass die Frage in den Mittelpunkt gerückt werden muss, ob das AGG über die sogenannten „big six“ Diskriminierungsmerkmale erweitert werden müsse. Das äußere Erscheinungsbild und die soziale Herkunft wären solche Merkmale.
Darüber hinaus haben wir diskutiert, wie es um länderspezifische Antidiskriminierungsgesetze steht. Fachvorträge von Prof. Dr. Uta Klein von der Uni Kiel zu „Antidiskriminierung und Diversity“, von Ruta Yemane vom WZB zur Diskriminierung im Erwerbsleben sowie Alexander Klose vom Büro für Recht und Wissenschaft Berlin zum „Schutz und Schutzlücken – Impulse des AGGs für Antidiskriminierungsinitiativen der Länder“ gaben wichtige Anregungen für die weitere Arbeit.
Am gestrigen Abend blieb dann noch etwas Zeit (zu wenig) für eine Führung durch das Jüdische Museum Berlin. Architektonisch und inhaltlich ist das Museum ausgesprochen interessant. Insgesamt waren es zwei ausgesprochen informative Tage in der Bundeshauptstadt.