Demografie im Doppelpack

Die Zahlen liegen auf dem Tisch
Gleich zwei Vorträge zur demografischen Entwicklung in Thüringen hatte ich heute zu halten – Demografie sozusagen im Doppelpack! Und viel unterschiedlicher hätte die Betrachtung der demografischen Entwicklung regional gesehen auch kaum sein können. Am Vormittag war ich zu Gast im Evangelischen Ratsgymnasium in Erfurt und am Nachmittag in der Bildungsstätte des BAfzA in Sondershausen. In Erfurt waren die Zuhörer der Doppelstunde Gymnasiasten der 12. Klasse und in Sondershausen 50 Bundesfreiwillige. Zwar habe ich im wesentlichen über die Entwicklung in Thüringen gesprochen und da gibt es klare Trends, aber auch hier haben wir regionale Besonderheiten. Fünf Punkte spielen bei der Betrachtung der demografischen Entwickung eine Rolle. Dies sind 1 . Die demografische Vollbremsung des Jahres 1990 – schlagartig wurde nur die Hälfte bzw. sogar nur noch ein Drittel an Kindern geboren. 2. Unsere älter werdende Gesellschaft – seit 1990 ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Thüringen um 8 Jahre gestiegen.
Im Gespräch mit Steffen Lemme, MdB
3. Die Abwanderung – viele insbesondere junge Menschen haben Thüringen auf der Suche nach Ausbildung, Studium oder Job verlassen und kommen leider auch nicht wieder zurück. 4. Das demografische Echo – die Kinder, die seit 1990 nicht mehr geboren wurden, und die abgewanderten jungen Menschen können heute auch keine Kinder in Thüringen bekommen und verstärken damit die Auswirkungen. 5. Die Wanderungsbewegungen innerhalb von Thüringen. Der letztere Punkt stellt eine besondere Herausforderung dar. Alle Landkreise, insbesondere auch der Kyffhäuserkreis, verlieren weiter Einwohner. Seit 1990 sind wir von knapp 2,8 Millionen Thüringerinnen und Thüringern auf 2,2 gesunken – bis 2030 werden es nur noch 1,9 Millionen sein. Die geht vor allem zu Lasten des ländlichen Raumes, denn die drei Städte Erfurt, Jena und Weimar legen hingegen leicht zu. Ich bin überzeugt davon, dass wir gesellschaftliche Antworten auf diese Herausforderungen geben können. Es gab sowohl bei den Gymnasiasten, als auch bei den Bundesfreiwilligen großes Interesse an dem Thema und dies macht mich zuversichtlich. Es ist wichtig die Ursachen des demografischen Wandels zu analysieren und miteinander generationenübergreifend ins Gespräch zu kommen! Ins Gespräch bin ich heute auch einmal wieder mit Steffen Lemme, MdB, gekommen. Er war nach mir Gesprächspartner in Sondershausen und ich habe mich gefreut, dass wir uns einmal wieder zu politischen Themen direkt austauschen können – sonst geschied die oft nur via mail.

Der Letzte macht das Licht aus? Thüringen im demografischen Wandel

Wiedersehen mit Zeca Schall in Hildburghausen
Unter diesem zugegebenermaßen etwas überzeichneten Titel habe ich gestern Abend als Generationenbeauftragter bei einer Veranstaltung der Volkshochschule im Hildburghäuser Gymnasium über die Folgen der demografischen Entwicklung im Landkreis und im Freistaat gesprochen. Gefreut habe ich mich aber gleich zu Beginn über ein Wiedersehen mit Zeca Schall, der die Veranstaltung angeregt hat. Hildburghausen ist vom demografischen Wandel besonders betroffen. Die Nähe zu Bayern bedingt, dass dort besonders viele junge Menschen auf der Suche nach Ausbildungsplatz bzw. Job pendeln oder gar auswandern. Auch in Hildburghausen wurden in den letzten 20 Jahren viel zuwenig Kinder geboren und da heute eine ganze Generation “fehlt”, trägt das demografische Echo dazu bei, dass diese negative Entwicklung der Einwohnerzahl weiter geht. Im Jahr 2000 lebten im Landkreis noch knapp 74.000 Menschen. Im Jahr 2012 waren es schon nur noch 66.168. Auch wenn seit einigen Jahren wieder etwas mehr Kinder geboren werden (bei den unter 6jährigen Kindern gibt es ein Plus von 100 im Vergleich zu 2000) sind es bei den 6-25Jährigen statt rund 17.000 im Jahr 2000 heute nur noch rund 9.000. Dies sind die geburtenschwachen Jahrgänge! Zugleich werden auch die Hildburghäuser immer älter. 12.000 waren im Jahr 2000 älter als 65 Jahre – heute sind es 14.500. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung stieg von 16,5 auf 22 Prozent. Derzeit ist aber auch die positive Kehrseite der Medaille in Hildburghausen zu verzeichnen. Die Arbeitslosigkeit reduzierte sich von 14,4 Prozent im Jahr 2005 auf aktuell 5,5 Prozent. In vielen Bereichen fehlen jetzt schon Fachkräfte. Gestern haben wir auch darüber diskutiert wie diese Entwicklung weiter geht. Ich glaube, wir werden in Thüringen in den nächsten Jahren Zuwanderung in einem deutlich größeren Umfang erleben. Schon jetzt praktizieren über 1.000 ausländische Ärzte – in dem Bereich wird schon länger erfolgreich geworben. Heute wurden die aktuellen Bevölkerungszahlen für Thüringen veröffentlicht. Die Überschrift in den Zeitungen lautet unter anderem “Thüringen schrumpft langsamer”. Auffällig ist daran, dass wir mit 2.11.762 Thüringerinnen und Thüringern am 1.9.2012 zwar 9.500 weniger waren, als neun Monate zuvor, dies aber nur aus Geburtendefiziten resultiert. Zwar haben 31.693 Thüringen den Freistaat verlassen, aber es sind auch 29.175 aus ganz Deutschland nach Thüringen gezogen. Das Wanderungssaldo mit dem Ausland ist hingegen deutlich positiv. 5.923 gingen ins Ausland und 9.057 sind zu uns gekommen. Die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit wird offensichtlich genutzt und dies wird auch bei der demografischen Entwicklung eine stärkere Rolle spielen. Die Demografiestrategie der Landesregierung schlägt viele Punkte zur Bewältigung des demografischen Wandels vor. Bürgerschaftliches Engagement spielt für mich dabei die zentrale Rolle. Geworben habe ich gestern wieder intensiv für das aktive bzw. erfolgreiche Altern. Ich denke es ist eine wichtigste Aufgabe den Menschen zu sagen, dass ihre Aktivitäten im Alter darüber entscheiden, wie glücklich und zufrieden sie altern. Dieses Thema wurde von den Zuhörern gestern interessiert aufgegriffen und wir haben gleich eine weitere Veranstaltung nur dazu in Hildburghausen vereinbart. Wenn der Winter vorbei ist komme ich dann sicher sogar deutlich schneller nach Hildburghausen und zurück. Gestern war es selbst auf der Autobahn glatt.

“Demografischer Wandel” ist kein Unwort, sondern eine Herausforderung und eine Chance!

Immer am Jahresanfang wird das „Unwort“ des vorangegangenen Jahres gewählt. Das Wort „Unwort“ erklärt  der Duden damit,  dass dies ein unschönes, ein unerwünschtes Wort sei. Auf viele Unworte der letzten Jahre trifft dies zweifellos zu. In der Thüringer Allgemeinen des heutigen Tages werden den Lesern 10 Vorschläge unterbreitet, darunter neben einigen speziellen „Wortschöpfungen“ des Jahres 2012 auch „Demografischer Wandel“. Begründet wird dies mit „Die Gesellschaft wird immer älter. Diese Veränderungen bedürfen gewaltiger Anstrengungen. Sie müssen benannt und nicht verschleiert werden.“. Diese Sätze sind zweifellos richtig, wenngleich sie das Thema auch nur unvollständig beschreiben. Dass die Menschen in unserer Gesellschaft älter werden finde ich gut. Es ist ein alter Menschheitstraum lange und erfüllt zu leben. Dies ist aber auch nicht der Kern der Diskussion. Tatsache ist, dass unsere Gesellschaft nicht überaltert, sondern unterjüngt. Seit vielen Jahrzehnten gehen die Geburtenzahlen zurück, nicht nur in Deutschland, sondern in allen Wohlstandsstaaten. Die Diskussion geht meist ja auch um die Frage, wie wir in Zukunft leben werden und was wir uns leisten können.
Ministerin Dr. Kristina Schröder beim 2. Berliner Demografie Forum
Ob die sozialen Sicherungssysteme die steigenden finanziellen Belastungen tragen können wird am Beispiel des deutschen Rentensystems schon seit 20 Jahren intensiv diskutiert. Ich erinnere mich an meine Zeit als Bundesgeschäftsführer der Jungen Union Mitte der neunziger Jahre – da war das schon ein Thema für die jungen in der CDU. Die Älteren (mit Ausnahme von Biedenkopf und einigen Wenigen) wollten damals von dem Thema nichts wissen. Das Thema Altersarmut wird uns nicht erst in der Zukunft begegnen, sondern ist schon jetzt Realität. Es gibt keine einfachen Rezepte dagegen – auch die Diskussion und Entscheidungen um Mindestlohn bzw. Lohnuntergrenzen sind notwendig, aber helfen den jetzt in Rente gehenden Menschen nicht. Das Modell “Lebensleistungsrente” (v.d. Leyen) und die stärkere Berücksichtigung von Erziehungszeiten, aber auch Verbesserungen bei den Zuverdienstmöglichkeiten halte ich für dringend notwendige Schritte. Bei dem heute und morgen stattfindenden 2. Berliner Demografie Forum geht es um das Thema „Generationen-Lernen-Wohlstand“. Ich werde von der Tagung mit über 200 Teilnehmern sicher eine Menge an Anregungen mitnehmen. Artikel in der TA zum Thema Altersarmut und zu den Prognosezahlen Bilder vom  Berliner Demografie Forum  

Jurysitzung für den Thüringer Zukunftspreis

LSB-Präsident Peter Gösel und Landtagpräsidentin Birgit Diezel
LSB-Präsident Peter Gösel und Landtagpräsidentin Birgit Diezel waren ebenfalls in der Jury
Die Gewinner des Thüringer Zukunftspreises sind… Nein, natürlich bleibt die Überraschungseffekt noch bis zur Preisübergabe am 15.11.2012 erhalten – wir haben Stillschweigen vereinbart 🙂 Im Rahmen der 2. Thüringer Demografiekonferenz in der Erfurter Messe wird Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht die Preisträger ehren. Um die Preisträger zu ermitteln, tagte heute die Jury. Landtagspräsidentin Birgit Dietzel, Minister Christian Carius, LSB-Präsident Peter Gösel, der Präsident des Gemeinde- und Städtebundes Michael Brychcy, Liga-Geschäftsführer Hans-Otto Schwiefert und viele ander prominente Mitglieder hatte die Jury. 50 Bewerbungen waren eingegangen und daraus wurden bereits 12 in die engere Wahl genommen. Daraus haben wir nun heute die drei Preisträger ausgewählt. Zu würdigen sind aber alle eingegangenen Vorschläge. Der Demografische Wandel wird mit Hilfe von vielen kleineren und größeren Projekten bewältigt. Es waren Projekte dabei der Freiwilligen Feuerwehr, Großelterndienste, Wohnprojekte für Senioren, Ehrenamtsprojekte, Projekte zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und viele andere mehr. Sie alle werden öffentlich vorgestellt. Da ich gut die Hälfte der eingereichten Projekte bereits aus meiner Arbeit als Generationenbeauftragter kannte, fiel die Auswahl doppelt schwer. Vorab schon Glückwunsch allen Siegern und Platzierten!

Altersbilder in der Gesellschaft…

Weimar2
Christine Lieberknecht in Weimar
…sind nur ein Teil der Demografie-Diskussion. Allerdings fand ich es heute sehr wichtig, dass unter anderem Prof. Klinkmann von der BioCon Valley GmbH in Mecklenburg-Vorpommern bei seinem Vortrag gleich zu Beginn darauf verwiesen hat, welche positive Entwicklung es doch ist, das wir immer älter werden. Im Römischen Reich lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei 30 Jahren. Nach gut 2000 Jahren waren es im Jahr 1900 dann 45 Jahre. Heute also 110 Jahre später sind es schon 81 Jahre. Weimar2 (5)Menschen werden erfreulicherweise älter, Menschen bleiben länger gesund und fit und Menschen wollen länger aktiv bleiben – darauf verweist auch die INSA-Studie 50plus, die die Einstellung ältererer Menschen untersucht hat. Ein großes Aufgabenfeld ergibt sich dadurch für die Gesundheitswirtschaft und die Stand im Mittelpunkt der 1. Demografiekonferenz in Weimar. Weimar2 (4)Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht eröffnete am Vormittag die Tagung und lobte den “Thüringer Zukunftspreis” aus. Unter den über 200 Konferenzteilnehmern waren viele der Aktivisten in Fragen Demografie in Thüringen. Kommunal- und Landespolitiker, Sozialverbände, Mediziner und viele mehr. Unsere Sozialministerin Heike Taubert sprach über Entwicklungen und Tendenzen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft und der Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr Christian Carius über die Herausforderungen des demografischen Wandels insbesondere im ländlichen Raum. Weimar1 (2)Für das Wirtschaftsministerium erläuterte Prof. Behr das Thema Fachkräftesicherung in Thüringen. Darüber hinaus hatte die Serviceagentur Demografischer Wandel Wissenschaftler eingeladen. Einig waren sich alle, dass der demofrafische Wandel schon lange voraussehbar war, aber von allen handelnden Akteuren zu lange abgewartet wurde. Thüringen befindet sich mitten drin. Von den Erfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern, die das Thema schon länger haben, können wir lernen – in wenigen Jahren werden und müssen die alten Bundesländer von uns lernen, denn dann kommt der demografische Wandel auch dort an. Bilder der Tagung