Mit der Leiterin des Familienzentrums “Am Drosselberg” und meiner Kollegin aus dem Sozialministerium
Bundesweit gibt es rund 10.000 ausgebildete Elternbegleiter, von denen rund 500 sich beim 3. Bundeskongress Elternbegleitung im Estrel-Hotel in Berlin am Donnerstag und Freitag trafen. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey eröffnete den Kongress und betonte wie wichtig Chancengleichheit für Kinder ist. Die Elternbegleiter können Brücken in bestehende Unterstützungssysteme bauen.
Wir haben auch in Thüringen ein Lotsen- und Brückensystem. Neben den Elternbegleitern gibt es das TheKiZ-Projekt, Schulsozialarbeiter und Familienhebammen, die in ihren jeweiligen Einsatzbereichen für das gleiche Anliegen arbeiten. Insgesamt gibt es in Thüringen derzeit 277 Eisatzstellen für Elternbegleiter. 1 – 6 Elternbegleiter gibt es dort, u.a. in Kitas, bei freien Träger, bei Beratungsstellen oder den Kommunen. Prof Sabine Walper (DJI) erläuterte am Donnerstag, welch großes Risiko Einkommensknappheit in den Familien für das gesunde Aufwachsen von Kindern, aber vor allem auch auf deren Beteiligungschancen bedeutet.
Daran knüpfte am Freitag Prof. Katharina Spieß (DIW) an und erläuterte, wie sich die direkte Unterstützung von Familien mit kleinen Einkommen ökonomisch auswirkt. Jeder investierte Euro rentiert sich neunfach. Daraus abgeleitete ging sie auf die Höhe der Kita-Gebühren ein, die in vielen Fällen, insbesondere bei Familien mit Migrationshintergrund, dem Kita-Besuch entgegenstehen. Bis langfristige Effekte erkennbar sind, braucht es einen langen Atem, führte sie am Beispiel von Norwegen aus, wo 1976 die flächendeckende Kita-Versorgung eingeführt wurde.
Die 500 Elternbegleiterinnen waren bei der Tagung sicherlich leichter zu überzeugen und begeistern, als viele kommunale Finanzpolitiker. Für die hatte Bundesfamilienministerin Giffey die Botschaft, dass der Bund mit hohen Millionensummen pro Land, die notwendigen Aktivitäten unterstützen wird. Erfreulich ist, dass damit die jährlich 11 Millionen-Investitionen (ESF-gefördertes Bundesprogramm „Elternchance II – Familien früh für Bildung gewinnen“ und das Bundesmodellprogramm „Starke Netzwerke Elternbegleitung für geflüchtete Familien“) fortgeführt werden.
Beim Bundeskongress habe ich mich über den Austausch mit den engagierten Kolleginnen und (wenige) Kollegen aus den anderen Bundesländern gefreut. Thüringen war neben der Elternakademie und dem Sozialministerium auch von der Leiterin des Familienzentrums am Drosselberg gut vertreten. Der MDR berichtete gestern Abend aus dem Family-Club.
Bilder vom BundeskongressMDR-Bericht
Fachtag Elternchance
Wieder einmal in Berlin und wieder einmal bei einem Fachtag der eaf. Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf) e.V. lud heute Fachkräfte der Familienbildung sowie ausgebildete Elternbegleiterinnen nach Berlin in das Tagungshotel Grenzfall ein.
Der Ort der Tagung war bewusst gewählt – weist doch der Name des Hotels auf die Lage (direkt neben dem Dokumentationszentrum Berliner Mauer) aber vor allem auf den Charakter des Hotels hin. Das Hotel Grenzfall ist das erste Integrationshotel in Berlin-Mitte. Integration war jahrelang der Begriff, wenn es darum ging, Menschen mit Beeinträchtigungen den Weg in die Mitte der Gesellschaft zu ermöglichen. Heute ist Integration besonders auch dann gefragt, wenn es um Menschen mit Migrationshintergrund geht.
Symbolträchtiger Tagungsort
Im Fokus der heutigen Tagung standen dabei Familien. 60 Prozent der rund 100.000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr einen Erstantrag gestellt haben sind Kinder bzw. Minderjährige. Ihnen Zukunftschancen zu eröffnen ist Anliegen des Fachtages Elternchance II – Familien früh für Bildung gewinnen. Die Rechtslage ist dabei in Deutschland klar – das Recht und die Pflicht auf den Schulbesuch sind gesetzliche geregelt, ebenso wie der Kita-Rechtsanspruch.
Leider spricht die Realität eine andere Sprache. Fehlende Kita-Plätze und nicht ausreichende Personalausstattung verhindern zu oft den frühen Kita-Besuch, der zur Sprachbildung und Integration elementar wichtig ist. Inzwischen gibt es viele ausgebildete Elternbegleiter, die vor allem eine Willkommenskultur entwickeln sollen und bei allen sprachlichen und kulturellen Unterschieden den Zugang zu Kitas oder Grundschulen erleichtern.
Auch wir haben dazu in Thüringen gelungene Projekte beispielsweise an den Familienzentren und in den ThEKiZ-Einrichtungen. Dabei ist es der wichtigste Schritt mit einer dialogischen Haltung den Zugang zu den Eltern zu finden. Vielfalt und Diversity sind Chancen – erfordern aber einen professionellen Umgang. Viele gute Praxisbespiele gab es heute dazu in Berlin. Allerdings habe ich auch wieder einmal erstaunt festgestellt, dass die Qualifikation Elternbegleiterin feminin geprägt ist – unter den 50 Tagungsteilnehmerinnen war ich der einzige Mann. Gelungene weiterführende Informationen bietet neben der eaf auch die Onlineplattform der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ mit dem Serviceportal „Integration“.