Von der Himmelfahrtskirche zum Treffen mit den Jeckes
Mit einem Gottesdienst starteten wir in den Sonntagmorgen und mit der Himmelfahrtskirche hoch über Jerusalem konnten wir keinen besseren Ort finden.
Pfarrer Michael Wohlrab gestaltete den Abendmahl-Gottesdienst der von der Orgel aus Frankfurt an der Oder begleitet wurde. Darüber hinaus gibt es in der Himmelfahrtskirche einen echten Thüringer Bezug. Seit 100 Jahren läuten dort vier Apoldaer Glocken. 1898 besuchte Kaiser Wilhelm II Jerusalem und lies neben anderen Gebäuden auch die Himmelfahrtskirche in Jerusalem bauen.
Pfarrer Wohlrab gab uns die richtige Einstimmung auf die nächsten Tage im heiligen Land. Zu Beginn des dichten Programm tat Besinnung und Einkehr gut. Zugleich erfuhren wir aber auch von der Situation der Christen in der heiligen Stadt. Überrascht hat uns dabei, dass es heute in Jerusalem nur noch 6.000 bis 10.000, also 1,2 Prozent, Christen, gibt. Demgegenüber gibt es in Jerusalem 65 christliche Kirchen. Pfarrer Wohlrab setzt auf die Christen als Brückenbauer zwischen Juden und Palästinensern. Die Liedzeile „Vertraut den neuen Wegen“ begeleitete uns durch den Tag und sollte das Motto bleiben.
Einen wundervollen Blick hatten wir vom Ölberg auf die Stadt. Der Mount of Olives hat heute nur noch wenig Olivenbäume zu bieten, die meisten noch im Garten der Kapelle von Dominus Flevit und im Garten Gethsemane, unsere beiden nächsten Besuchspunkte. Dazu begleiten uns die Bibelworte nach Lukas 19.37 „Jesus kommt nach Jerusalem“ und Lukas 19.41 „Jesus weint über Jerusalem“. Die Mittagspause verbrachten wir in einem Kibutz mit Blick auf Bethlehem und danach machten wir noch einen Fotostopp an der Hass-Promenade. Gar nicht so einfach 63 Leute auf ein Bild zu bringen!
Im Konferenzzentrum der Konrad-Adenauer-Stiftung „Mischkenot Shananim“ erhielten wir einen guten Überblick über die aktuelle politische Situation in Israel. Ari Rath, bis Anfang der 90er Jahre Herausgeber der Jerusalem Post schilderte mit den Worten „wir leben bis heute von einem Krieg zum nächsten“, die ständige Sorge um die Bedrohung durch die arabischen Nachbarn. Gleichzeitig erscheint die Lösung der Siedlungsfragen und des Status von Ostjerusalem nahezu unmöglich. Ob seine Erwartung an die heutigen Gespräche zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Nethanyahu und US-Vermittler David Miller sich erfüllen und neue Verhandlungen in Gang bringen, werden wir morgen erfahren. Die Thüringerin Avital Ben Chorin schilderte in bewegenden Worten ihren Weg von Thüringen nach Jerusalem, der für den Weg vieler Jeckes steht, die am Nachmittag mit uns gemeinsam bei der KAS zu Gast waren. Die Jeckes wollten von uns aber auch wissen, wie es heute in Thüringen und Deutschland ist und welche politischen Entwicklungen sich nach der Bundestagswahl abzeichen. Mein Vortrag über die politische Situation nach den Wahlen im Superwahljahr und das jüdische Leben in Thüringen griffen die Jeckes in der anschließenden Gesprächsrunden auf. Mit dem zweiten Chefankläger beim Eichmann-Prozeß Gabriel Bach diskutierte ich wie wichtig die umfassende Aufarbeitung der NS-Verbrechen war und immer noch ist. Ich freue mich darüber, dass einige der Jeckes regelmäßig wieder nach Deutschland kommen und insbesondere mit Schülern sprechen. Der KAS gebührt dieser Dank ebenso, weil sie dies mit zahlreichen Veranstaltungen beleitet. In Jerusalem hat KAS-Chef Dr. Lars Hänsel für uns sehr gute Programmpunkte ausgewählt, der heutige war einer davon.
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