Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Erfurt diskutiert
Genau eine Woche ist es jetzt her, dass in Erfurt ein erster Bus mit Flüchtlingsfamilien aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl eingetroffen ist. Gestern nun hat die Stadtverwaltung auf Antrag der CDU-Stadtratsfraktion umfänglich zur Unterbringungssituation und zu den anstehenden Aufgaben im Sozialausschuss des Stadtrats informiert.
Auch in den letzten Monaten und Jahren wurden Flüchtlinge und Asylbewerber in Erfurt aufgenommen. Allerdings in deutlich niedrigerer Zahl und deshalb war die vom Stadtrat gewünschte dezentrale Unterbringung in aller Regel realisierbar. Eine deutlich steigende Zahl von Flüchtlingen in Kombination mit dem Winter-Abschiebestopp der Thüringer Landesregierung führt dazu, dass dies nun nicht mehr generell umsetzbar ist.
Ausdrücklich zu danken ist den vielen engagierten Mitarbeitern der Stadtverwaltung, der Feuerwehr und freier Träger. Sie haben dafür gesorgt, dass trotz des zeitlichen Drucks, die Unterbringung der 10 Familien in den Räumen der ehemaligen Kennedy-Schule möglich wurde. Die soziale Betreuung der Familien wird durch den Verein MitMenschen sehr gut organisiert. Die räumlichen Bedingungen, insbesondere die sanitären Bedingungen, sind allerdings nicht zufriedenstellend und keinesfalls geeignet Menschen über einen längeren Zeitraum unterzubringen. Deshalb kann die ehemalige Kennedy-Schule auch nur eine Übergangslösung sein.
Ärgerlich finde ich, dass die Stadtverwaltung zu spät agiert hat und die Informationen anfangs nur spärlich geflossen sind. Exemplarisch dafür ist, dass ein umfängliches Papier im Sozialausschuss nur nichtöffentlich diskutiert wurde – Transparent und der offene Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern der Landeshauptstadt sind dies nicht.
Dass Erfurt deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen muss, war frühzeitig klar. Die zuständige Beigeordnete habe aber bis zuletzt versucht „die Aufnahme abzuwenden“, wurde uns gestern erklärt. Erst am Mittwochabend letzter Woche als klar war, dass die Landesregierung an ihrer Entscheidung festhält, wurde mit Hochdruck an das Thema heran gegangen.
In der gestrigen Ausschusssitzung schilderte der Beigeordnete Hilge, welche Herausforderungen in den nächsten Wochen anstehen. Erfurt hat derzeit 841 Flüchtlinge bzw. Asylbewerber – bis zu 1.300 werden in diesem Jahr noch nach Erfurt kommen. Wöchentlich ist mit der Ankunft von 50 zu rechnen – heute treffen bereits wieder 57 in Erfurt ein.
Als Unterbringungsmöglichkeiten ist für 33 von ihnen die alte Geriatrie auf dem Gelände des Helios-Klinikums vorgesehen – maximal 150 können dort untergebracht werden. Die Stadt rechnet damit, dass dies eine Unterbringungsvariante für bis zu zwei Jahre sein könnte. Darüber hinaus gibt es drei Standorte, die in den nächsten Wochen fertig gestellt werden. In der Ulan-Bator-Straße, in der Eugen-Richter-Straße und in der Drosselbergstraße sollen insgesamt 154 Unterbringungsmöglichkeiten entstehen. Zusätzlich sind noch Unterbringungen in Wohnungen vorgesehen. Nach Auskunft der Verwaltung wären damit bis zum Sommer Kapazitäten zur kontinuierlichen Aufnahme vorhanden – es gab aber keine Antwort auf die Frage was danach werden soll.
Schwierig scheinen sich auch die sozialpädagogischen Betreuungskapazitäten zu entwickeln. Mit dem Verein MitMenschen und dem IB gibt es zwei Träger, allerdings ist die Frage offen mit wie vielen Mitarbeitern die künftigen Herausforderungen gemeistert werden können.
Für die Stadt gibt es aber auch weitere Herausforderungen. Über die Schulpflicht haben wir gestern kontrovers diskutiert. Derzeit hat die Beigeordnete die Schulpflicht für die Kinder ausgesetzt. Da sie aber mit ihren Familien für einen längeren Zeitraum bei uns leben werden (die Asylverfahren laufen noch), muss auch auf diese Frage eine Antwort gegeben werden. In jedem Fall ist die Stadt gefordert für die Kinder Sprachkurse zu organisieren und Integrationsbemühungen zu unterstützen.
Ich erwarte einen transparenten Dialog zu den Unterstützungsmöglichkeiten. Die kommunalpolitisch Verantwortlichen müssen sich daran messen lassen, dass sie nicht nur Resolutionen und Unterstützungserklärungen verfassen (das geht meist schnell und kostet nichts), sondern auch finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen.
Angesichts der erschreckenden Aussagen bei der Bürgerinformationsveranstaltung am Montag, muss aber auch eine Strategie entwickelt werden, wie man dem begegnen kann. Der dumpfe Rassismus und die platten Parolen dürfen nicht unwidersprochen bleiben.