Alle Jahre wieder! Die LZT organisiert seit nun mehr 32 Jahren regelmäßig Bildungsreisen nach Israel. Mitte März waren wir wieder mit einer Gruppe in Israel unterwegs. Nach der Busfahrt nach Frankfurt und dem Flug Frankfurt – Tel Aviv nahm uns unsere Reiseleiterin Michal Hofman von SarEl-Tours in Israel in Empfang und wir fuhren nach Jerusalem. Das restlos ausgebuchte Hotel Grand Court in Ostjerusalem nahe des Damaskus-Tores war während der Tage in Jerusalem unser Domizil.
Am ersten Tag standen für uns der Tempelberg in Jerusalem und Tel Aviv auf dem Programm. Bei den drei Terminen in Tel Aviv ging es um die israelische Wirtschaftspolitik. Grisha Alroi-Arloser, Geschäftsführer der AHK Israel / German-Israeli Chamber of Industry & Commerce, und Dr. Maike Thier-Seidenfaden, Leiterin der Wirtschaftsabteilung der Deutschen Botschaft, gaben dazu einen guten Einblick. Beim anschließenden Besuch des The Peres Center for Peace & Innovation מרכז פרס לשלום ולחדשנות lag der Fokus auf der Start-Up-Nation Israel.
Das dichte Programm am zweiten Tag unserer Bildungsreise nach Israel begann mit einem Besuch im israelischen Parlament, der Knesset. Vor 75 Jahren wurde der Staat Israel gegründet. Bei der Führung durch das israelische Parlament erfuhren wir viel über die Hintergründe, sahen Zeitzeugnisse und diskutierten die Arbeitsweise des Parlaments. Weiter ging es in der Schmidt-Schule Jerusalem. Der stellvertretenden Schulleiter Dirk Poppendieker und die Verwaltungsleiterin Dörthe Kleine-Pollmann stellten uns die deutsche Auslandsschule für palästinensische Mädchen vor. Vom benachbarten Paulus-Pilgerhaus hatten wir zudem einen wunderschönen Blick über Jerusalem.
“Denkmal und Name” ist die Übersetzung von Yad Vashem, der Gedenkstätte des Holocaust. Immer wieder ein Besuch, der traurig und nachdenklich macht, und immer wieder einer der wichtigsten Punkte bei Besuchen in Jerusalem. Wir haben Verantwortung, dass es nie wieder passiert!
Der österreichische Journalist Ben Segenreich ordnete für uns am Abend die israelische Geschichte bis hin zur aktuellen Politik ein. Thema war auch die derzeit heiß diskutierte Justizreform. Den Tagesausklang und die Reflexion eines spannenden und hochpolitischen Tages gab es mit der besten Aussicht auf Jerusalem in der Roof-Top Weinbar Notre Dame.
Im Rahmen einer politischen Bildungsreise geht es immer auch um die Betrachtung beider Seiten. In Hebron im besetzten Westjordanland verläuft die Konfliktlinie quer durch die Stadt zwischen Siedlern und Palästinensern. Ori Givati, ein ehemaliger israelischer Armeeangehöriger, arbeitet für die Organisation Breaking the Silence. Er und Issa Amro von der Organisation Youth Against Settlements sprachen mit uns über die schwierige Situation in der „Geisterstadt Hebron“, die von Kontroll- und Checkpoints durchzogen ist. Hebron ist eine der ältesten durchgängig bewohnten Städte und gehört sowohl im Judentum, als auch im Islam zu den vier wichtigsten heiligen Städten. Der Gebäudekomplex um die Machpela, dem Grab der Patriarchen, ist dreigeteilt und umfasst eine Moschee, eine Synagoge und eine Kirche. Diese Sehenswürdigkeiten werden allerdings nicht mehr von Touristen besucht. Wir kamen sehr nachdenklich von der Tagestour aus Hebron zurück und wie immer mit mehr Fragen als Antworten.
Am Abend war der israelische Autor und Journalist David Witzthum unser Gesprächspartner. Im Gespräch ging es um innenpolitische Themen in Israel. Schon in den ersten Tagen haben wir immer wieder Demonstranten mit israelischen Fahnen und häufig als Form des Protestes in Rot gekleidet gesehen. Sie protestieren gegen die von der Regierung geplante Justizreform. Israel ist seit Jahren in zwei gleichstarke Lager geteilt. Der jüngste Wahlsieg und die folgende Regierungsbildung waren für den Premierminister Benjamin Nethanjahu denkbar knapp. Die Justizreform spaltet nun das Land zusätzlich.
Am vierten Tag unserer Bildungsreise waren wir zu Beginn unseres Besuchs in Bethlehem im Walled Off Hotel zu Gast. Im Walled Off Hotel, welches von Banksy 2017 gestaltet wurde, geht es im Schatten der Mauer thematisch um den Konflikt vor Ort. Die pauschale Kritiken Banksys an Israel und allen Aspekten der Besatzung wurde auch bei uns in der Gruppe kontrovers diskutiert. Wir erörterten dies mit Nico Fritschler vom Vertretungsbüro der Bundesrepublik Deutschland und Steven Höfner, dem Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Palestinian Territories. Nach dem Besuch der Geburtskirche und einem Stadtrundgang ging es zu einer der insgesamt 49 Universitäten im Westjordanland. In der Dar al-Kalima Universität in Bethlehem sprachen wir mit dem Präsidenten Mitri Raheb. Nur wenige Meter von der Grenze zu Gaza befindet sich das Dorf Netiv HaAsara, zu dem wir am Nachmittag fuhren. Wir erhielten dort Informationen zur Sicherheitslage und dem Projekt נתיב לשלום Path to Peace.
Unser Vormittagsprogramm am fünften Tag wurde kräftig durcheinander gewirbelt. Überall Absperrungen für den Jerusalem-Marathon. Die Wartezeit gab uns die Gelegenheit die 30.000 Läuferinnen und Läufer am Zion Gate anzufeuern, bevor wir zur 160 Meter entfernten Dormitio konnten. Nur mit Hilfe mehrerer Polizisten gelang es uns, zum verabredeten Gespräch zu kommen. Für das gute Gespräch zur Situation der Christen im Heiligen Land dankten wir Abt Pater Nikodemus Schnabel und gratulierten ihm zum neuen Amt als Abt. Die Führung durch die Altstadt und der Besuch der heiligen Stätten, das Österreichische Hospiz sowie der Gang vom Ölberg zum Garten Gethsemane und weiter durch das Kidron Tal standen für den Nachmittag an. Am Abend waren wir an der Klagemauer zum Shabbat-Empfang.
Nach sechs Tagen mussten wir schließlich Abschied von Jerusalem nehmen. Ein Tagesausflug nach Masada stand auf dem Programm. Der Nationalpark Masada steht an der Spitze der touristischen Attraktionen in Israel und ist zugleich von hoher symbolischer Bedeutung. Der Besuch am und das Baden im Toten Meer gehören natürlich auch zu jedem Israel-Besuch und waren zudem wichtig für die Work Life Balance unserer Bildungsreise. Auf die folgenden Tage am See Genezareth und den Besuch der Heiligen Stätten hat uns am Abend Dr. Georg Röwekamp, Leiter der Tagungs- und Pilgerstätte Thabgah, eingestimmt. In unserem Hotel Nof Ginnosar direkt am See erläuterte er uns das deutsche Engagement für die Heiligen Stätten sowie die Situation der Christen in Israel.
Weiter ging es am nächsten Tag mit einer Vormittagstour durch die UNESCO Weltkulturerbe-Stadt Acco und am Nachmittag mit dem Besuch von Haifa, der Partnerstadt Erfurts, mit einer Führung durch die Bahai-Gärten und Tempel. Höhepunkt des Tages war aber zweifellos der Besuch beim legendären israelischen Starkoch Uri Buri. Neben dem tollen Essen konnten wir mit ihm über sein beeindruckendes Projekt der Integration verschiedener Kulturen in seinem Restaurant und Hotel sprechen.
Volles Programm gab es auch am vorletzten Tag unserer Israel-Bildungsreise: Berg der Seeligpreisungen, Golan Heights Winery, Tabgha, Kapernaum, Taufstelle Yardenit und Magdala. Und es wurde auch noch einmal hochpolitisch. Auf dem Golan sind wir mit dort dienstleistenden Soldaten direkt an der Grenze zu Syrien ins Gespräch gekommen. In Blickweite der syrischen Grenze wurde uns die brisante und spannungsgeladene Situation noch einmal überdeutlich.
Am letzten Tag unserer Bildungsreise der Landeszentrale Thüringen nach Israel ging es nach Nazareth zu einem Stadtrundgang und Besuch der Verkündigungsbasilika, der größten Kirche im Nahen Osten.
Viel zu schnell vergingen die neun Tage in Israel. Tolle Erlebnisse, viele neue noch unbeantwortete Fragen und hoffentlich viele der 35 Reiseteilnehmer, die sich mit dem “Israel-Virus” infiziert haben.
L’Shana Haba’ah B’Yerushalayim