CSD 2016 in Erfurt

Empfang in der Staatskanzlei
Empfang in der Staatskanzlei
Heute gab es zum zweiten Mal einen Empfang zum Christopher Street Day in der Erfurter Staatskanzlei. Auch wenn ich inzwischen nun nicht mehr Ansprechpartner der Landesregierung für Antidiskriminierungsfragen bin, habe ich mich über die Einladung dazu gefreut und war auch gerne dabei – zumindest zeitweise, weil es danach noch zum Basketball ging. Seit einigen Jahren schon habe ich gute Kontakte zu den Protagonisten des CSD. Wir haben gemeinsam Veranstaltungen organisiert und Hürden mit der Stadt aus dem Weg geräumt wenn es um das Straßenfest des CSD auf dem Wenigemarkt und dem Anger ging. In diesem Jahr hat Markus Urban die Schirmherrschaft über den CSD in Erfurt übernommen. Mit ihm war ich vor zwei Jahren bei zahlreichen Veranstaltungen unterwegs und wir haben das Thema Coming Out bei Sportlern und insbesondere im Fußball diskutiert. Markus war einer der ersten Fußballer, die sich geoutet haben und als ehemaligem Schüler am Erfurter Sportgymnasium und Spieler bei RWE zieht es ihn auch immer wieder in die alte Heimat zurück. Beim Empfang in der Staatskanzlei hat in diesem Jahr der Staatssekretär zu den geladenen Gästen gesprochen – der Minister war kurzfristig verhindert, weil er im Landtag zur Verteidigung des Justizministers unterwegs war. Der guten Stimmung und der Wertschätzung für das Anliegen der Organisatoren tat dies keinen Abbruch. Bis zum 27.8.2016 finden zahlreiche Veranstaltungen zum CSD in Erfurt statt. Am Samstag wird mit dem Straßenfest auf dem Anger die Regenbogenfahne auch öffentlich wahrnehmbar für das Anliegen des CSD werben. Programm des CSD 2016  

Bunte Vielfalt in Erfurt

Bunte Ballons werben für das Anliegen des CSD
Dieses Wochenende war angefüllt mit vielen Veranstaltungen die ausgesprochen unterschiedlich waren und dennoch alle Spaß gemacht haben. Beim 2. Erfurter Seniorentag am Samstag habe ich gemeinsam mit zwei Stadtratskolleginnen der SPD und der Linken in einer Podiumsdiskussion über die Seniorenpolitik und Pflegesituation in Erfurt diskutiert. Zahlreiche Träger haben mit Infoständen den Seniorentag bereichert und über ihre Arbeit informiert. Die meisten Träger kannte ich aus meiner Arbeit im Land und in der Stadt ganz gut und so wurde es mit vielen Gesprächen ein langer Nachmittag. Vom Parkplatz der KOWO ging es direkt auf den Anger. Dort fand schon seit dem Mittag der Christopher Street Day statt. Seit einem dreiviertel Jahr liefen die Vorbereitungen und ich habe gerne bei mehreren Vorbereitungstreffen mitgewirkt. Das eine oder andere Problem gab es mit der Stadtverwaltung zu klären, aber am Ende hat alles gut geklappt. Als Ansprechpartner der Landesregierung für Antidiskriminierung war es meine Aufgabe den CSD zu unterstützen – als Fraktionsvorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion mache ich dies auch, weil es mir eine persönliche Verpflichtung ist. Seit Montag gab es im Rahmen des CSD viele Veranstaltungen – Kinoabende, Diskussionsrunden und Musik. Am Dienstag fand ein Empfang zum CSD in der Staatskanzlei statt und gestern schließlich erst ein Demonstrationsumzug und schließlich das Fest auf dem Anger. Als um 18 Uhr die vielen bunten Luftballons in den Himmel stiegen, wurde aber auch noch einmal der politische Hintergrund deutlich. Der CSD steht für die Rechte von Menschen, die sich zu ihrer sexuellen Identität, die vermeintlich anders ist, bekennen und ihre Rechte einfordern. Ich werbe für Toleranz, Akzeptanz und Gleichberechtigung. Ich weiß aber, dass da in meiner Partei der CDU noch einiges zu tun ist. Auch den CSD 2016 werde ich gerne unterstützen. Danke allen Organisatoren, die mit dem CSD 2015 ein buntes und wichtiges Zeichen gesetzt haben. Bilder vom CSD 2015: https://www.flickr.com/photos/michael-panse-mdl/albums/72157655640030384  

Christopher Street Day Erfurt

Beim heutigen Christopher Street Day war ich heute gerne zu Gast. 33 Grad zeigte das Thermometer an. Abkühlung ist da nicht einmal im Schatten zu finden. Trotzdem waren rund 200 Teilnehmer beim Umzug durch die Stadt dabei. Auf dem Anger hatten viele Vereine, Verbände und Parteien ihre Informationsstände aufgebaut. Auf der Bühne gab es ein buntes Programm. Herzlichen Dank an die Veranstalter des Erfurter Christopher Street Days, dass ich die Gelegenheit erhalten habe, als Ansprechpartner der Thüringer Landesregierung für das Thema Antidiskriminierung zu sprechen: Anlass für meine Benennung im letzten Jahr war, dass das Land Thüringen der Koalition gegen Diskriminierung beigetreten ist, welche von der Bundesstelle für Antidiskriminierung ins Leben gerufen wurde. Meine Benennung ist zwar ein erfreuliches Zeichen, dass die Thüringer Landesregierung auf diese Bundesinitiative eingeht, aber ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass es auch in Thüringen eine regelrechte Antidiskriminierungsstelle des Landes mit der entsprechenden Ausstattung gibt, wie dies in einigen anderen Bundesländern bereits der Fall ist. Dann könnte Antidiskriminierungsarbeit noch wesentlich intensiver geleistet werden. Antidiskriminierungsarbeit hat nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, dem AGG, mit sechs Tatbeständen zu tun. Von denen ist die Diskriminierung auf Grund der sexuellen Identität zwar nur einer, und nach den Statistiken der Antidiskriminierungsstellen gehört er nicht zu den häufigsten, aber jeder einzelne Fall ist einer zu viel. Und jeder Fall von Diskriminierung steht nicht für sich allein, sondern ist Zeichen einer Störung im Leben der Gesellschaft. Daher gilt generell, wie auch verschiedene Umfragen und Studien zeigen, dass Antidiskriminierungsarbeit einen übergreifenden, ganzheitlichen Ansatz verlangt. Denn Menschen, die andere diskriminieren, handeln nicht sauber getrennt nach den Kategorien des AGG. Wer schwulenfeindlich ist, wertet auf Grund seiner Vorurteile auch sehr häufig andere Gruppen von Menschen ab, ob nun Migranten, Behinderte oder andere Menschen, von denen er meint, ihnen besondere Merkmale zuweisen zu müssen. Daher ist es so wichtig, anderen Menschen zu zeigen, dass es falsch ist, andere Menschen nach den Schablonen simpler Vorurteile einzuteilen. Menschliches Leben ist so bunt und vielfältig, dass es sich nicht in wenige und grobe Kategorien pressen lässt. Für diese Haltung steht exemplarische der Christopher Street Day: für Vielfalt, für Buntheit, für Pluralität der Lebensformen und gegen ein Schwarz-Weiß-Denken, das Menschen ausgrenzt und diskriminiert. Der Christopher Street Day erinnert nicht nur an den Aufstand gegen Polizeiwillkür im Jahr 1969 in New York, er ist nicht nur ein Tag, an dem eine Community sich selbst feiert, er ist nicht nur eine Art „rosa Karneval“, als den ihn manche hinstellen, die ihn auch gern kommerzialisieren und entpolitisieren würden, sondern er ist eine Demonstration für Rechte und Freiheiten von Lesben und Schwulen und gegen deren Diskriminierung und Ausgrenzung. Und er wird und muss diese Demonstration auch bleiben, solange die Gründe zum Demonstrieren weiterbestehen. Wir können uns zwar in Deutschland darüber freuen, dass wir im Vergleich zu vielen anderen Ländern auf der Welt ‑ da reicht in Europa schon der Blick nach Osten – bei den rechtlichen Regelungen und in der öffentlichen Wahrnehmung schon weit vorangekommen sind. Aber dennoch müssen wir feststellen, dass Homophobie in der Alltagskultur immer noch sehr weit verbreitet ist. Wenn sich Kinder auf dem Schulhof mit „du schwule Sau“ beschimpfen, dann bleibt es nicht bei einer leeren Formel, deren eigentlich Bedeutung unbewusst bleibt, sondern dann beeinflusst es Denken und Handeln, dann prägt es ganze Bereiche. Ein Bereich, in dem man dies sehr deutlich sehen kann, ist der Sport, besonders der Fußball. Gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung habe ich deshalb in diesem Frühjahr eine Veranstaltungsreihe mit Marcus Urban zu Homophobie im Fußball vorbereitet und in vier Thüringer Städten durchgeführt. Der ehemalige Fußballer des Rot Weiß Erfurt las aus seiner Biografie “Versteckspieler”. Er hatte sich in einem Interview 2007 öffentlich als schwul geoutet und zählt damit weltweit zu nur einer Handvoll Fußballern mit professionellem Hintergrund, die das bisher wagten. Dass in Deutschland bisher nur Fußballer sich outen, die ihre aktive Zeit hinter sich haben, wie jüngst Thomas Hitzlsperger, zeigt wie tabubehaftet das Thema im Profifußball noch ist. Von einer vorurteilslosen Normalität sind wir hier noch weit entfernt. Sie wäre erst erreicht, wenn auch das Outing selbst kein Thema mehr wäre, denn es ist ja selbst eine einseitige Sache. Davon, dass sich eine Person öffentlichkeitswirksam als heterosexuell outet, hat man bisher eher wenig gehört. Nun könnte man sagen, das sei ein Problem der in der Öffentlichkeit stehenden Sport-Profis, die ja wüssten, worauf sie sich mit dieser Macho-Kultur des Fußball eingelassen haben, aber Homophobie ist ein Alltagsproblem. Da ist der Vermieter, der einem lesbischen Paar keinen Mitvertrag gibt, da ist der schwule Mann, der bei der Arbeit ständig Ärger mit seinem Chef hat, da sind junge Leute, die mit ihrem Outfit bestimmte Orte meiden, um nicht Opfer von Gewalt zu werden. Eine wirkliche gesellschaftliche Akzeptanz sexueller Vielfalt ist erst dann erreicht, wenn jemand nicht mehr als „anders“ ober „besonders“ angesehen wird. Auch der Begriff der Toleranz, zu Deutsch Duldsamkeit, ist für sich schon schwierig. Das hat schon Goethe so gesehen, als er schrieb: „Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ Was sind nun die Gründe für Intoleranz? Häufig wird vermutet, dass Homophobe sich aufwerten wollen, indem sie andere abwerten und dass Homophobie ein einzelnes Symptom eines Syndroms namens „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ sei (siehe die Untersuchungen von Prof. Heitmeyer). Dafür könnten wiederum eigene Benachteiligungserlebnisse ursächlich sein. Wenn dies zuträfe, dann wäre Homophobie eine Begleit- bzw. Folgeerscheinung sozialer Probleme und nur gemeinsam mit diesen zu lösen. In eine etwas andere Richtung zeigt der Thüringen-Monitor 2013. Dort ist zu lesen: „Anders als bei anderen Ausgrenzungs- und Abwertungsneigungen gibt es im Falle homophober Einstellungen keinen statistischen Zusammenhang mit subjektiver Deprivation, dafür aber wiederum deutlich mit Alter … und Bildung, nämlich dahingehend, dass jüngere und besser qualifizierte Thüringer_innen wesentlich toleranter sind.“ Das hieße, die beste Homophobie-Prophylaxe ist Bildung. Gerade bei der Bekämpfung von Vorurteilen in diesem Bereich zeigt sich, wie wichtig frühzeitige und umfassende Bildungsmaßnahmen sind, um weiterer Diskriminierung vorzubeugen. Mein Eindruck ist, dass im schulischen Bereich hier durchaus noch aufgeschlossener und aktiver agiert werden kann. Ein dritter Ansatz ist die Kontakthypothese: dass sich Vorurteile am besten durch direkten Kontakt mit den „Vor“-Beurteilten auflösen lassen, das heißt, selbst bewusst Auftreten und sich nicht verstecken. Wie gut direkter Kontakt ist, konnte ich heute schon an anderer Stelle in Erfurt erleben. Ich war vorhin im Nordpark bei „Fußball gegen Rassismus“, um hier auch einmal die positiven Wirkungsmöglichkeiten von Fußball zu erwähnen. Selbst bewusst Auftreten und sich nicht verstecken, könnte auch ein Motto des Christopher Street Days sein. Gesellschaftliche Akzeptanz und Anerkennung lassen sich nicht allein mit der Änderung einzelner Paragraphen erreichen, sondern hier ist eine Änderung des gesellschaftlichen Klimas nötig, wozu Veranstaltungen wie der Christopher Street Day beitragen können. Ich wünsche ihm dafür weiter viel Erfolg! Bilder vom CSD in Erfurt