
“Alles nur geklaut…”

Ihr Stadtrat für Erfurt

Gestern fand der bundesweite Aktionstag statt, der vom Verein „Charta der Vielfalt e.V.“ initiiert wurde. Der 1. Deutsche Diversity-Tag hat das Ziel, dem Thema Vielfalt einen kräftigen Schub zu geben, denn Vielfalt wird zunehmend zum wichtigen Standortfaktor. Frauen, ältere Menschen und Migranten sollen ihre Potenziale stärker einbringen können.
Der Verein „Charta der Vielfalt e.V.“ setzt sich seit mehreren Jahren dafür ein, Diversity der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft nahe zu bringen. Inzwischen haben über 1.300 Unternehmen und Institutionen die „Charta der Vielfalt“ unterschrieben und erfreulicherweise werden es immer mehr.
In meiner Funktion als Generationenbeauftragter und als zentraler Ansprechpartner des Freistaats Thüringen für Antidiskriminierung, besuchte ich gestern das Moderationskreistreffen der 25 Thüringer Mehrgenerationenhäuser. Regelmäßig treffen sich die Vertreter der MGHS und ich begleite sie da seit mehr als zwei Jahren. Einer der Schwerpunkte war getsern naheliegend das Thema Diversity. In ihrer Funktion als lebendige Treffpunkte für alle Generationen gehört es auch zu den wesentlichen Aufgaben der Mehrgenerationenhäuser, sich der Integration und der Bildung von Menschen mit Migrationshintergrund zu widmen. Hierzu konnten, vor dem Hintergrund der lokal sehr unterschiedlichen Bedingungen in den Thüringer Kommunen, die bisherigen Erfahrungen ausgetauscht und zukünftige Vorhaben besprochen werden.
Mit dem Ansatz der Diversity, zu Deutsch Vielfalt, wird zum Ausdruck gebracht, dass Vielfalt keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung darstellt. Damit zielt der Ansatz auf soziale Inklusion und wendet sich gegen jegliche Diskriminierung. Es wird herausgestellt, dass sowohl Unternehmen als auch die gesamte Gesellschaft Unterschiede produktiv nutzen können, wenn stereotype Denk- und Verhaltensmuster überwunden werden.
Am Beispiel der Mehrgenerationenhäuser aus der AWO in Jena und der Diakonie in Waltershausen diskutierten wir den Bereich Integration und Bildung als eine der Aufgabensäulen der MGHs. In Thüringen leben nach den aktuellen Zählungen zwar nur 1,5 Prozent Ausländer, aber die Integration insbesondere von Kindern gestaltet sich dennoch schwierig. In den Schulen fehlen Dolmetscher für die Kinder, die der Schulpflicht unerliegen und somit wird zwar die Schulpflicht durchgesetzt, aber die Kinder bleiben zurück. Die beiden MGHs arbeiten im nachschulischen Bereich mit den Kindern und falls möglich auch mit den Eltern, aber sie können die Defizite nicht ausgleichen. Ich werde dieses Thema mit in die politische und öffentliche Dikussion nehmen!
Bei der Zielstellung des Diskriminierungsgschutzes sind sich zweifellos alle Beteiligten einig, dies erklärte Ministerialrat Bernhard Franke in Vertretung der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Frau Christine Lüders heute in Berlin.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) setzt den rechtlichen Rahmen, der sich insbesondere auch an die Kommunen und die Länder wendet. Beide Ebenen sind, so wie der Bund auch, große Arbeitgeber und haben zudem Vorbildwirkung für unsere Gesellschaft. Es gibt zwar erstaunlich viele einzelne Maßnahmen zur Schaffung von Chancengleichheit, aber kein umfassendes Konzept.
Diversity, bzw. Vielfaltsmanagement, will die soziale Vielfalt konstruktiv nutzen und ist dabei die zielgruppenübergreifende Ausrichtung von Verwaltungs- oder Unternehmensmaßnahmen. Oftmals richten sich derzeit die einzelnen Maßnahmen auf nur wenige Diversity-Dimensionen. Das AGG benennt gleichberechtigt die Merkmale Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung und sexuelle Identität. Stellenausschreibungen, Bewerbungsgespräche, aber auch die Organisationskultur in Verwaltungen sind die Bereiche, wo am deutlichsten klar wird was geändert werden kann.
Die Bundesantidiskriminierungsstelle hatte deshalb heute zu einem Fachtag in das Bundesfamilienministerium nach Berlin eingeladen. Als Ansprechpartner der Thüringer Landesregierung für Antidiskriminierungfragen habe am Fachtag teilgenommen. Am Ende des Weges soll ein Diversity Mainstreaming für Verwaltungen stehen. Jeder der den Prozess des Gender Mainstreaming bewusst miterlebt hat, kann sich allerdings vorstellen, dass da noch dicke Bretter zu bohren sind.
Auch öffentliche Verwaltungen sind nicht gerade innovativ oder ausgesprochen flexibel. Oder wie es Knut Bleicher, im St. Galler Management Konzept sinngemäß erläutert „Wir arbeiten in Strukturen von gestern, mit Methoden von heute an Strategien von morgen vorwiegend mit Leuten, die die Strukturen von gestern gebaut haben und das morgen inerhalb der Organisation nicht mehr erleben werden“.
Neben der Verankerung des Diversity-Ansatzes bei der Ausbildung und Fortbildung von Verwaltungsmitarbeitern geht es um Vernetzung und darum bestehende Fördermöglichkeiten bekannt zu machen. Das fehlende Wissen über die Lebenslagen, Benachteiligungen und Bedarfe von Zielgruppen ist zudem ein Handlungsfeld. Es gibt darüber hinaus auch Widerstände bei der Umsetzung von Cahncengleichheit, die nur überwunden werden können wenn der Diversity-Ansatz auch an der Spitze der Verwaltungen getragen wird.
Vernetzung tut not, um von Erfahrungen aus anderen Bundesländern zu lernen und deshalb waren die Berichte der 40 Teilnehmer aus allen Bundesländern zugleich Ideenquelle für weitere Projekte. In Brandenburg gibt es beispielsweise regelmäßig vierteljährliche Treffen mit den Vertretern aller Zielgruppen, um Diversityfragen zu besprechen. Zusätzlich treffen sich einmal jährlich alle Beauftragten des Landes mit den kommunalen Beauftragten zu einem Erfahrungsaustausch über das eigene Aufgabengebiet hinaus. Ich nehme etliche Ideen für die weitere Arbeit von der heutigen Tagung mit nach Thüringen zurück.
Diversity Management
Antidiskriminierungsstelle des Bundes