Strategien für eine demographiefeste Arbeitswelt diskutiert

TND
Thüringer Netzwerk Demographie
Das Thüringer Netzwerk für Demografie diskutierte heute mit zahlreichen Vertretern Thüringer Unternehmen, was gegen den drohenden Fachkräftemangel getan werden kann. Im Jahr 2006 wurde dieses Netzwerk gegründet und hat sich seit dem zur Aufgabe gemacht die Unternehmen für die demografischen Veränderungen zu sensibilisieren. Auch das heutige Diskussionsforum machte deutlich, dass hierbei bereits beachtliche Erfolge zu verzeichnen sind. Unter anderem legte das Netzwerk in der Zeit einen Katalog “Demografieorientierter Projekte in Thüringen vor”, hat zahlreiche innerbetriebliche Demografieberater ausgebildet und zahlreiche Fachforen und Fachgespräche organisiert. Seit der Aufnahme meiner Tätigkeit als Beauftragter für das Zusammenleben der Generationen verstehe ich es auch als eine meiner Aufgaben, den Fachkräftebedarf (und damit Ausbildung, Fortbildung sowie Wiedereinstieg in den Beruf) in den Unternehmen in den Focus zu nehmen. Derzeit können sich viele Unternehmen noch mit Fachkräften am “Markt eindecken”, ältere Arbeitnehmer länger im Betrieb halten, junge Frauen ins Berufsleben zurückholen und Teilzeitbeschäftigungen ausweiten. Lange wird dies nicht mehr funktionieren und in manchen Branchen funktioniert es jetzt schon nicht mehr. Bereits bei anderen Diskussionsrunden habe ich deutlich gemacht, dass es noch weitere Potentiale gibt. Junge Menschen, die in den letzten Jahren keine Chancen hatten und auch mangels persönlicher Motivation schlechte schulische Abschlüsse, erfolglose BVJ 1 und BVJ 2 sowie zahlreiche andere Maßnahmen durchlaufen haben, bevor sie am Ende dann doch in Hartz IV landeten, zählen leider umgangssprachlich zu einer “verlorenen Generation”. Ich werde sehr dafür eintreten auch für diese jungen Menschen Perspektiven zu entwickeln. Neben all diesen Maßnahmen findet nun wieder eine intensivere Diskussion um eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit (Stichwort Rente mit 69) oder Zuwanderung von Arbeitskräften. Um diese beiden Themen ging es aber bei der heutigen Beratung in Weimar nicht. Roland Emig, Kaufmännischer Geschäftsführer der Schuler Pressen GmbH, (Pressenhersteller Müller Weingarten AG, ehemals Umformtechnik) erläuterte die Unternehmensstrategie und wie er Nachhaltigkeit bei der Nachwuchssicherung sieht. Mir hat sein Eingangszitat sehr gefallen. Dabei erläuterte er die nachhaltig wirkenden Nachwuchssicherungskonzepte mit dem Vergleich: es sei dabei wie einen “Baum zu planzen, in dessen Schatten man nie sitzen wird” und es natürlich dennoch tut. In seinem Unternehmen sind derzeit 500 Mitarbeiter tätig, davon werden allerdings über 100 in den nächsten Jahren altersbedingt ausscheiden. Das Durchschnittsalter liegt bei 47 Jahren und so wurde ein längerfristig wirkendes Konzept entwicklet. Mit Patenschaften einer benachbarten Kita (im Umfeld sind 80 Prozent Hartz IV-Empfänger), intensive Praktikumsbegleitungen von Schülern (er verwies dabei auf die Internetseite Schüler Praktikum) bis hin zur gezielten Förderung bei Weiterqualifizierung und Studium von Führungskräften. Mir gefällt, dass es dem Unternehmen nicht nur um den kurzfristigen Fachkräftebedarf geht sondern um langfristige Unterstützung. Roland Emig sagte “die Unterstützung für Schüler ist ihm wichtig, auch wenn sie zum Teil später beim Mitbewerber, Kunden oder Lieferanten als Arbeitskräfte landen”. Beim Netzwerk werde ich gerne auch in Zukunft “am Ball bleiben” – es geht schließlich um Zukunftsperspektiven!

Fachkräftesicherung in Thüringen

Fachkräftegewinnung im Sozialbereich

Personal-, Pflege- und Ausbildungssituation

 
gotha-kas-13Die Fachkräftesicherung wird in den nächsten Jahren eine der zentralen Aufgaben für die Thüringe Wirtschaft werden. 130.000 Fachkräfte werden in Thüringen in den nächsten zehn Jahren benötigt. Während in der Wirtschaft die „Selbstheilungskräfte“ und das Engagement der betroffenen Unternehmen im Mittelpunkt stehen, trägt der Staat für den Sozialbereich eine besondere Verantwortung. Gestern Abend stand das Thema der Fachkräftesicherung beim Adenauer Gespräch der Konrad-Adenauer-Stiftung in Gotha auf der Tagesordnung. Anette Morhard, Geschäftsführerin der LAG SchuleWirtschaft Thüringen sprach zu den Anforderungen im Bildungsbereich und ich sprach insbeondere zum Pflegebereich. Aktuelle Schlagzeilen dazu gibt es in Hülle und Fülle. In Thüringen fehlen 252 Hausärzte – die Zahl hat sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt, erklärt aktuell die Kassenärztliche Vereinigung. Thüringen will mit dem neuen Kindertagesstättengesetz über 2.000 Erzieherinnen neu einstellen – in der Realität suchen viele Träger noch händeringend noch nach den Erzieherinnen, Stellen bleiben unbesetzt, der höhere Personalschlüssel wird noch nicht umgesetzt. In Ostthüringen werden in Horten in den Grundschulen die Gruppen immer größer, Eltern protestierten energisch nachdem bis zu 80 Kinder auf dem Schulhof von einer Erzieherin beaufsichtigt wurden. Grund hierfür – Personalmangel. In Pflegeeinrichtungen wird das Personal knapp, die Heimaufsicht bewilligt weitere Plätze nur wenn der Fachkräfteschlüssel erfüllt wird. Die Geburtenentwicklung und Abwanderung tut ein Übriges. Dazu werde ich morgen einen Vortrag zum Jahresempfang bei der KAS in Wendgräben halten. Die Zahlen zu beklagen bringt wenig, die Demographiebücher der nächsten Jahre sind schon geschrieben. Rund 2,2 Millionen Thüringerinnen und Thüringer sind wir heute. Im Jahr 2030 werden es nur noch 1,8 Millionen Thüringerinnen und Thüringer sein, mit der beschriebenen Veränderung der Altersstruktur. Jetzt kommt es darauf an, mit diesen Herausforderungen umzugehen. Für den Sozialbereich hat die Politik eine besondere Verantwortung. Während in der Wirtschaft sich Vieles marktwirtschaftlich regeln muss, erfordert die soziale Daseinsfürsorge eigene politische Aktivitäten der Politik und der großen Sozialhilfeträger und letztlich erhebliche finanzielle Ressourcen. Einige Anregungen habe ich dazu gestern in die Diskussion gebracht. gotha-kas1. Wir brauchen eine landesweite Sozialnetzplanung. Die Fakten und Prognosezahlen liegen vor, ein soziales Netz, welches die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt verhindert zusätzliche Wanderungsbewegungen und die Vernachlässigung ganzer Regionen. 2. Für den Sozialbereich brauchen wir eine Verbesserung der Verdienst- und Arbeitsbedingungen. Tariflöhne für alle Sozialhilfeträger, Steigerungen im Lohnniveau und Entlastungen im Arbeitsumfeld müssen diese Berufe attraktiver gestalten. 3. Wir müssen einen Standortwettbewerb um die klügsten Köpfe führen. Die Gewinnung hochqualifizierter Fachkräfte muss einhergehen mit Aufstiegschancen. Gemeinsam mit den Fachhochschulen und privaten Bildungseinrichtungen müssen dazu Aus- und Fortbildungsmodule entwickelt werden. 4. Die Wiedereinstiegschancen insbesondere für Frauen und ältere Arbeitslose müssen deutlich verbessert werden. Familienfreundliche Arbeitsmodelle nach der Elternzeit und individuelle Arbeitszeitmodell sind dabei notwendig. 5. Neue Berufsmodelle für benachteiligte junge Menschen müssen entwickelt werden. Die Zahl der Berufe von über 700 hat sich halbiert! Die Perspektiven sollen Arge und Unternehmen gemeinsam entwickeln. Einiges ist bereits auf den Weg gebracht. Für dieses Jahr ist zum Jahresende der zweite Thüringer Demographiebericht seitens der Landesregierung angekündigt. Eine Serviceagentur „Demographischer Wandel“ soll Mitte März eingerichtet werden. Um Thüringen weiter fit zu machen brauchen wir mehr Kooperationen zwischen den Kommunen. Wir werden die Dienstleistungsversorgung auf dem Lande viele stärker mit mobilen Diensten erbringen müssen. Wir müssen uns bereits jetzt auf eine Renaissance der Innenstädte einstellen. Letztlich brauchen wir aber vor allem auch den Mut zu neuen Wegen – ein „Weiter so“ funktioniert nicht!

Zukunftsperspektiven für männliche Fachkräfte in Kitas

Die Kita-Studie des BMFSFJ
Die Kita-Studie des BMFSFJ
Nur 1,3 Prozent der pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen in Thüringen, also 135 von 10.050 sind Männer. Damit liegt Thüringen in der bundesweiten Statistik auf dem vorletzten Platz. Lediglich in Sachsen-Anhalt sind es mit 1,1 Prozent weniger. In Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein sind hingegen 9,6 Prozent, 8,5 Prozent bzw. 5,1 Prozent Männer in Kitas zu finden. Eine aktuelle Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Situation von Männern in Kitas und in der Ausbildung zum Erzieher soll helfen, dies zu verbessern. In der gestrigen Sitzung des Erfurter Jugendhilfeausschusses haben wir erneut über die Situation in der Landeshauptstadt diskutiert. Bei den letzten Ausschreibungen zur Besetzung von Stellen für Erzieher- und Erzieherinnen gab es für 35 freie Stellen 312 Bewerbungen. Darunter waren 19 Männer, von denen letztlich zwei eingestellt wurden. Das Jugendamt stellte aber auch fest, “Durch gezieltere Ansprache von männlichen Bewerbern in öffentlichen Stellenausschreibungen hat sich das Bewerberaufkommen und Bewerberverhalten zugunsten männlicher Bewerber nicht verändert.”. Eine der Ursachen dafür ist sicherlich auch die Ausbildungssituation an der Erfurter Fachhochschule. Dort befinden sich derzeit 120 Studierende berufbegleitend auf dem Weg zum Bachelor-Abschluß (117 davon weiblich), im Kontaktstudium/Weiterbildung Soziale Arbeit 92 Studierende (davon 67 weibliche), im Bachelor Studiengang Soziale Arbeit gibt es 405 Studierende (325 weiblich) sowie mit dem Diplomstudiengang (FH) 228 (davon 170 weiblich). Wenn wir also mehr junge Männer für den Erzieherberuf begeistern wollen, müssen wie sie für die Ausbildungsgänge gewinnen. Genau hier setzt ein Modellprojekt des BMFSFJ an. In dieser Woche war ich beim Verein “Starthilfe e.V.” in Sondershausen zu Besuch, die sich für dieses Modell beworben haben, auch die Thepra als Erfurter Träger interessiert sich dafür. Über Praktika, Boys´Day und Öffentlichkeitsarbeit soll geworben werden. Leider ist die Erfurter Stadtverwaltung nur begrenzt am Thema interessiert. Bürgermeisterin Thierbach erläuterte gestern im Jugendhilfeausschuß “Modellprojekte seinen immer so aufwendig und ihr würde jetzt schon das Personal fehlen”. Unstrittig bleibt aber, dass der Erzieherberuf für Frauen und Männer attraktiver gemacht werden muss. Anerkennung und angemessene Entlohnung sind Schlüssel dafür. Die Situation ist verbesserungswürdig. Ich werde am Thema dran bleiben. Die eingangs beschriebene Studie ist im Internet verfügbar und sehr hilfreich für die Diskussion.