Gesprächsrunde in der Jugendarrestanstalt

Der Eingangsbereich der Jugendarrestanstalt
„Gehe direkt ins Gefängnis, gehe nicht über Los“ – diese Variante gibt es nur beim Monopoly. In der Realität gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten ins Gefängnis, in die JVA, die JSA oder die Jugendarrestanstalt zu gelangen. Im Vorfeld meines heutigen Besuchs in der Jugendarrestanstalt Arnstadt habe ich darüber nachgedacht, was die Jugendlichen dorthin bringt und was es mit ihnen macht. Bereits vor einigen Wochen hatte ich zugesagt, zu einer Diskussionsrunde mit Jugendlichen in die Jugendarrestanstalt zu kommen. Die dortige Sozialarbeiterin Frau Rudolph hat im Rahmen ihrer Arbeit mit den Jugendlichen eine Projektwoche zum Thema Demokratie organisiert und dazu Politiker als Gesprächspartner eingeladen. Ich kannte die Jugendarrestanstalt und die benachbarte JSA vom Tag der offenen Tür – der nur einmalig stattfand, kurz bevor der Neubau vor über einem Jahr eröffnet wurde. Damals im Juni 2014 habe ich die Einrichtung mit meinen Söhnen angeschaut – allerdings noch im leeren Zustand. Auch wenn in der Jugendarrestanstalt nur Jugendliche und Heranwachsende für einen relativ kurzen Aufenthalt (zwei bis vier Wochen) sind, ist das Gebäude und das Umfeld gesichert wie in einer JSA bzw. JVA. Mit rund einem Dutzend Jugendlichen habe ich über eine Stunde lang über zahlreiche Themen intensiv diskutiert. Die kurze Vorstellungsrunde der Jugendlichen zu Beginn macht aber schon nachdenklich. Meine Gesprächspartner im Alter von 14 bis 21 Jahren (unter ihnen auch zwei Mädchen) waren aus sehr verschiedenen Gründen in der Jugendarrestanstalt. Körperverletzung, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und massive Schulverweigerung waren die Hauptgründe. Mein mittlerer Sohn ist jetzt gerade 14 Jahre – da vergleicht man schon im Hinterkopf und denkt darüber nach, was alles im Leben schief gegangen sein muss, dass ein 14jähriger für vier Wochen in einer Arrestanstalt landet. Vor allem aber muss es um die Frage gehen, was danach passiert. Gute Vorsätze hatten die meisten der Jugendlichen (mit dem Rauchen aufhören, keinen Mist mehr machen), aber ob dies gelingt, hängt oft vom sozialen Umfeld ab wenn sie wieder raus sind. Die soziale Begleitung ist in der Jugendarrestanstalt sehr intensiv – für manche Jugendliche ist es wichtig zur Ruhe zu kommen, aus ihrem Umfeld heraus zu kommen und strukturierte Tagesabläufe zu erleben. Jobcenter und schulische Beratungsgespräche gehören auch zum Programm – ob es nachhaltig wirkt oder nicht, zeigt sich daran ob die jungen Leute irgendwann wieder in Arnstadt sind oder die Kurve bekommen. Ich war sehr beeindruckt von der intensiven Gesprächsbereitschaft und der offenen Art der Jugendlichen über ihre Probleme zu sprechen. Beim anschließenden Rundgang durch die Einrichtung habe ich gemeinsam mit unserer Bundestagsabgeordneten Antje Tillmann, die die anschließende Diskussionsrunde gestaltete, einen Eindruck bekommen, dass der Aufenthalt in der Jugendarrestanstalt keine spaßige Veranstaltung ist. Freiheitsentziehende Maßnahmen – kein Fernseher, Handy, Besuche nur bei einem Aufenthalt der länger als drei Wochen ist – dies alles ist mehr als ein deutliches Warnsignal. Vielen dank der Sozialarbeiterin Frau Rudolph für ihre Initiative. Für mich war es ein interessanter und auch nachdenklicher Nachmittag in Arnstadt. Den Jugendlichen wünsche ich, dass sie die Kurve bekommen und aus ihrem Leben was machen – oder um an den Eingangssatz anzuknüpfen „Gehe nicht ins Gefängnis…“. Das Leben ist kein Spiel und kein Monopoly. Bilder vom Tag der offenen Tür im Juni 2014: https://www.flickr.com/photos/michael-panse-mdl/albums/72157645472765983

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