Gebührenfreies Kita-Jahr: “Gut gemeint”, ist nicht immer “gut gemacht”
Stadtratssitzung Teil 1 am Mittwoch – dominiert wurde die Tagesordnung von zwei Themen. Die künftige Schulplanung in Kerspleben erforderte eine lange Diskussion und danach folgte der “Dauerbrenner” Kita.
Bei den Gebühren für die Kinderbetreuung und beim beitragsfreien Kita-Jahr erhitzen die Gemüter inzwischen regelmäßig. Das ist nichts Neues. Auch dass sich Vertreter von Rot-Rot-Grün gern mit vollmündigen Wahlkampfversprechen und Ankündigungen schmücken, von denen nur die wenigsten umgesetzt werden. Das beste Beispiel dafür ist der Erfurter Oberbürgermeister. Umso mehr jedoch schmücken und feiern sich SPD, Linke und Grüne in Stadt und Land damit, dass nun das beitragsfreie Kita-Jahr im Land beschlossen wurde. Dies soweit zur Vorgeschichte.
Kommen wir jedoch zur Erfurter Kommunalpolitik und inwiefern diese von diesem Beschluss betroffen ist. In der Sitzung am 20. Dezember lieferten wir uns vor allem mit der SPD heftige Wortgefechte. Aus deren Reihen zeigte sich Denny Möller vom CDU-Antrag getroffen. Neben der Anpassung der Entgeltordnung der Erfurter Kindergärten forderte die CDU-Fraktion in einem Antrag ein Bekenntnis zur Absage an Gebührenerhöhungen. Es ist nicht schwer zu erahnen, dass Rot-Rot-Grün eben genau diesen wesentlichen Punkt abgelehnt hat.
Hier kommen nun Begriffe wie „Hintertürchen offen halten“ in den Sinn. Man darf in Sachen Kita-Gebühren auf die Zeit nach den Oberbürgermeisterwahlen im Jahr 2018 gespannt sein. Trotzdem feiern sich SPD, Linke und Grüne dafür, dass die Gebühren bisweilen zunächst nicht steigen. Jedoch, so erinnert Dominik Kordon in seiner Rede, ist das gar nicht deren eigener Verdienst. Der Oberbürgermeister schlug mit seiner rot-rot-grünen Gefolgschaft vielmehr 2016 die Erhöhung von Kita-Beiträgen vor, um damit Haushaltslöcher zu stopfen. Mehrfach gingen daher die Erfurter Eltern in den letzten Jahren auf die Barrikaden. Erst durch diesen Druck konnte Schlimmeres verhindert werden.
Es erscheint frevelhaft und scheinheilig, sich hier als Retter der Elternschaft darzustellen und zu feiern, wenn man zuvor eigentlich Gegenteiliges im Schilde führte – trotz Bausewein’scher Wahlkampfversprechen 2013, die Kita-Gebühren zu reduzieren bzw. sogar abzuschaffen.
„Die Erfurter Familien sind nicht die Zahlmeister für teure Wahlversprechen“, betonte Kordon. Es sei der Verdienst der Eltern und der freien Träger, dass es letztlich doch nicht zu Erhöhungen kam. Er verwies gleichzeitig auch auf das bisher nicht in vollem Umfang gehaltene Versprechen Bauseweins, die Kitas zu sanieren. Das was in Erfurt bisher passiert ist, war ebenfalls nicht seine Leistung, da größtenteils Fördermittel vom Land oder vom Bund genutzt wurden. In welcher Weise lässt sich nach diesen Betrachtungen bewerten, dass der bereits benannte CDU-Antrag von Rot-Rot-Grün abgelehnt wurde und dass das Eigenlob für das gebührenfreie Kita-Jahr geradezu laut erschallt. Man darf es wohl als die berühmte bzw. berüchtigte Lücke zwischen Sein und Schein verstehen.
Der Jubel über das beitragsfreie Jahr dürfte wohl im Hals stecken bleiben, wenn man bedenkt, dass an anderer Stelle die Gebührenschrauben weiter angezogen werden können (natürlich erst nach der Wahl). Immerhin hält sich Rot-Rot-Grün diese Option mit der Ablehnung des CDU-Antrages offen. Vom Rednerpult aus erklärte der SPD-Genosse: „Gebührenerhöhungen können wir erst einmal ausschließen”.
Dies ist für die CDU-Fraktion nur ein halbherziges Bekenntnis und Anlass zum begründeten Misstrauen der Eltern. ich habe auf massive handwerkliche Fehler des in der vergangenen Woche geänderten Thüringer Kita-Gesetzes hingewiesen. Rot-Rot-Grün hatte mit seinem Änderungsantrag und der Aufforderung, diese Entscheidung zu beklatschen, den Fokus der Diskussion auf dieses Gesetzt gelenkt.
Die CDU hält er es für eine falsche Entscheidung, dass letzte Kita-Jahr gebührenfrei zu gestalten, anstatt das erste – ich bereits bei der Landtagsentscheidung meine Meinung dazu kund getan und auf die rot-rot-grüne Mogelpackung hingewiesen. Auch scheint es noch keinen wirklichen Plan zu geben, wie die Eltern tatsächlich frei gestellt werden können. Mindestens ein Drittel der Eltern wird die Änderungen, die sogenannten „Verbesserungen“, kaum spüren, weil sie auf Grund der Einkommensklasse ohnehin befreit sind. Qualitative Verbesserungen gibt es nur in geringem Umfang. Entscheidend ist in der politischen Auseinandersetzung die Tatsache, dass sich Rot-Rot-Grün gegen eine Erhöhungssperre ausgesprochen hat. Es ist für uns enttäuschend, dass hier kein wirkliches Signal zu einer dauerhaften Entlastung der Eltern gesetzt wird. Man darf nicht vergessen, der Unterschied zwischen ‚gut gemeint‘ und ‚gut gemacht‘ kann durchaus beträchtlich sein.