Erfurt verliert Thüringenderby

In der Suhler Wolfsgrube
Ausgesprochen befremdet und nachdenklich bin ich gestern von unserem Auswärtsspiel in Suhl zurück nach Erfurt gefahren. Das hatte weniger mit der deutlichen 0:3 Niederlage unseres Teams zu tun. Die Art und Weise wie dieses Spiel in Suhl vom dortigen Hallensprecher und danach von Vereinsoffiziellen auf deren Social-Media-Accounts behandelt wurde, habe ich in meinen vielen Jahren im Volleyball noch bei keinem Spiel erlebt. “Home of respect” ist der Slogan der Deutschen Volleyball Liga – ganz offensichtlich ist dies in Suhl nicht vollständig angekommen. Erfreulicherweise haben sich aber der Suhler Trainer Laszlo Hollosy und der Suhler Fanclub Dynamics davon distanziert. Nachfolgend unser Spielbericht: “Das erste Thüringenderby der Saison geht mit 3:0 verdient an den VfB 91 Suhl LOTTO Thüringen. Während der Lauf der Südthüringerinnen weiter geht, wartet man in Erfurt weiter auf ein befreiendes Erfolgserlebnis. In den vergangenen Jahren waren es gerade die Derbys, die etwas Besonderes im Saisonverlauf waren. Tolle Stimmung mit vierstelligen Zuschauerzahlen auf den Rängen, rassiger Kampf um jeden Punkt auf dem Spielfeld. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit fehlte dem Derby diese Würze. Kampf wurde trotzdem geboten, mit dem besseren Ende für die Gastgeberinnen, die die bessere Qualität in der Breite aufs Spielfeld brachten.
Vor dem Spiel waren wir noch optimistisch
Allerdings hinterlässt dieses Thüringenderby auch einen faden Beigeschmack auf Erfurter Seite. Mit „Herzlich willkommen unserem Gast aus Weimar-West“ begab sich der Hallensprecher auf das Niveau von Fußballfans. Im Facebook war von offizieller Seite zu lesen, dass man „gegen desolate Erfurter“ gewonnen habe, was später auf „schwache“ korrigiert wurde. Vom „aus der Halle fegen“ war ebenso die Rede wie eine Nachricht auf die Erfurter FB-Seite „Danke für die 3 Punkte“ mit einem roten Herzchen. Hier hat man sich von offizieller Seite (!) auf ein Niveau begeben, dass unter Volleyballvereinen bisher unüblich war. Und man hat sinnbildlich nicht nur noch auf einen am Boden liegenden Gegner getreten, sondern auch gleiches mit dem Motto der VBL „Home of Respect“ getan. Bedenklich, wenn man so mit einem Kontrahenten umgeht, der sechs jungen, deutschen Spielerinnen die Möglichkeit gibt, 1. Bundesliga zu spielen. Schade, sollte das der neue Zeitgeist und Umgang unter Vereinen im Volleyballsport werden. Sportlich gab es keinen Zweifel am Verdienst des Sieges der Gastgeberinnen. Dabei war der erste Satz eine knappe Angelegenheit, in dem zunächst die Gäste führten, danach die Suhlerinnen den Spieß umdrehten. Entscheidend absetzen konnte sich keiner der Kontrahenten. Beim 21:22 roch Erfurt am Satzgewinn, doch nach einer Auszeit schlug das Momentum erneut um. Als Victoria Michel ihren dritten Aufschlag ins Netz setzte, stand das 25:23 an der Anzeigetafel. Wer weiß, wie die Partie verlaufen wäre, hätten die Schwarz-Weißen ihre Möglichkeiten genutzt und keine fünf Aufgaben verschlagen. Im zweiten Durchgang enteilte der VfB Suhl nach zwei verpatzten Erfurter Annahmen und einem Aufstellungsfehler mit 7:1 zu einer beruhigenden Führung. Erfurt rannte diesem Rückstand nunmehr hinterher, näher als auf drei Punkte kamen sie nicht mehr heran. Auch wenn der Zuspielerwechsel von Cole auf Barthel dem Erfurter Spiel neue Ideen einhauchte. Zu wenig Zugriff im Block und am Satzende zwei Ausbälle von Sarah Kovac verhinderten unter anderem, dass die Gäste ihrem Kontrahenten noch einmal gefährlich werden konnten. 25:17 war dann auch deutlich. Auch der dritte Satz sollte dann noch einige Spannungsmomente bereithalten. Nach einem Missverständnis in der Erfurter Verteidigung und einem Suhler Ass direkt danach, gingen die Südthüringerinnen mit 10:6 in Führung. Es sprach jedoch für die nie aufgebenden SWE-Damen, dass sie mit vier Punkten in Folge ausgleichen konnten. Die spätere MVP auf Erfurter Seite, Madeline Palmer, hatte hier entscheidenden Anteil. Kurze Zeit später gelang dies allerdings auch den Suhlerinnen, die sich jetzt entscheidend auf 16:12 absetzten. Ein letztes Aufbäumen der Gäste zum 17:15 reichte nicht mehr. Claudia Steger beendete mit einem Angriffsschlag in die Erfurter Spielfeldhälfte zum 25:20 die Partie. Suhl durfte den absolut verdienten Sieg mit eigens hergestellten „Derbysieger-T-Shirts“ feiern, während den unterlegenen Gästen die Niederlage an sich noch am wenigsten weh getan haben dürfte. (StS)

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