Unser Erfurter Theater besuche ich gerne und viel. Sinfoniekonzerte, Opern und Domstufenfestspiele und in diesem Jahr auch wieder einmal eine Ballett-Inszenierung. Nicht alle Aufführungen gefallen mir gleich gut, aber in der Regel bin ich von den künstlerischen Leistungen begeistert.
In den letzten Wochen wurde das Bild getrübt. Unser Theater kam sowohl finanziell, als auch sonst vom Kurs ab. Vorwürfe im Theater zu sexuellen Belästigungen wurden von der Gleichstellungsbeauftragen der Stadt öffentlich gemacht und in Folge dessen wurde sie vom Oberbürgermeister entlassen, weil sie ihre Machtbefugnisse überschritten habe. Ein Berliner Anwaltskanzlei sollte die Vorwürfe aufarbeiten. Seit zwei Wochen liegt der rund 130 Seiten dicke Abschlussbericht vor – passiert ist seit dem zunächst nichts. Erst gestern wurde das Thema im Werkausschuss diskutiert und die Stadträtinnen und Stadträte durften den Bericht vertraulich lesen.
Ich habe heute Vormittag den Bericht durchgearbeitet (dauert gut eine Stunde) und bin schockiert über die Summe an Vorwürfen. Ich darf über einzelne Fälle nicht berichten, aber ich ich teile die Einschätzung, dass die Vorwürfe personelle Konsequenzen haben müssen. Der Oberbürgermeister hat heute – zwei Wochen nach dem Bericht – den Generalintendanten beurlaubt, bzw. sich mit ihm darauf verständigt, dass er dem Theater fern bleibt. Kritisch hinterfragt werden muss, warum erst jetzt und was der OB wann wusste und hätte handeln müssen.
In den nächsten Wochen wird das kommunalpolitisch aufgearbeitet werden, aber der Schaden für das Theater wird lange nachwirken. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters ist die personelle Änderung ein vorläufiges Ende von Missstimmungen und Belastungen. Wir müssen im Stadtrat schnell für Entscheidungen sorgen, dass das Theater wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt. Ich werde dem Theater die Treue halten und freue mich auf jede neue Aufführung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ensembles werden ihre Bestes geben.