Beratung zum Nachtragshaushalt
Während in anderen Städten der Haushalt für das Jahr 2020 diskutiert wird, haben wir schon den ersten Nachtragshaushalt für das Jahr und es wird wohl nicht der letzte sein. Heute Abend wurde der Nachtragshaushalt mit großer Mehrheit im Erfurter Stadtrat beschlossen. Meine Rede zum Nachtragshaushalt und den Änderungsanträgen in der heutigen Stadtratssitzung nachfolgend:
Der Nachtragshaushalt sieht eine Erhöhung der Ausgaben/Einnahmen um rund 38 Mio. Euro vor auf Gesamtausgaben 925 Mio. Euro – davon Mehrkosten von 20 Mio. im Verwaltungshaushalt und 18 Mio. im Vermögenshaushalt. Neben der vermeintlichen Planungssicherheit birgt ein Doppelhaushalt, wie der vor einem Jahr beschlossene, auch immer die Gefahr der Fehlschätzungen und Fehlplanungen. Fakt ist leider, in der Landeshauptstadt steigen die Ausgaben und diese müssen ausgeglichen.
Ursächlich dafür sind mindestens vier große Bereiche: Die Personalkosten steigen um 5 Millionen Euro und dies nicht nur, weil es Tarifanpassungen gab, sondern vor allem, weil es zusätzliche ursprünglich nicht geplante Stellen gibt – und dies natürlich immer noch, ohne Personalentwicklungskonzept. Erneut gibt es dazu einen Antrag, der dies einfordert – immerhin erklärt aber die Verwaltung bei den Stellungnahmen zu den Haushaltsbegleitanträgen, es gäbe jetzt einen Entwurf.
Mehrausgaben im Bereich der Jugendhilfe (Auswirkungen KitaG) und im Sozialbereich waren ebenfalls nicht im Ursprungsplan. Hinzu kommen Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer (allein rund 5 Mio.). Noch deutlicher sind die Änderungen im sogenannten Vermögenshaushalt.
Explodierende Kosten im Baubereich (allein 11 Millionen Mehrkosten für Buga-Maßnahmen, u.a. Parkplatz Messe 3,7 Mio., Geraauenpark 2,7 Mio., Wohngebietspark Rieth 2,2 Mio. und Maßnahmen Garnisionslazarett 1,6 Mio.) machen sich bemerkbar. Es gab zusätzliche Finanzmittel u.a. beim KitaG, aber auch nicht wie geplant geflossene Fördermittel für die Freibäder und für den Straßenbau. Diese müssen jetzt „eingearbeitet“ werden. In der Konsequenz bedeutet dies, dass bereits beschlossene Baumaßnahmen verschoben werden müssen. Jugendhäuser, Kitas und auch die Freibäder trifft dies. Es betrifft auch Projekte die noch nicht ausreichend geplant sind, oder wo die Kosten erheblich aus dem Ruder laufen.
Zur Beratung des Nachtragshaushalts gab es nur einen knapp gefassten Zeitplan, Vorlage kurz vor Weihnachten ermöglichten keine Beratung dazu in den Ausschüssen, außer im Finanz- und im Jugendhilfeausschuss. Zwei Beratungen zum Nachtragshaushalt gab es im Finanzausschuss – die abschließende Beratung und Beschlussfassung zu den eingereichten Änderungsanträgen am 29.1.2020. Auch danach gab es noch weitere Änderungsanträge. Aktuell liegen uns noch über 50 Änderungsanträge aller Fraktionen und vier Anträge von Ortsteilen zur Beratung und Beschlussfassung vor. Davon sind rund die Hälfte Haushalsbegleitanträge mit dem „Prinzip Hoffnung“ bei deren Umsetzung, denn siehe Antwort zu den 2019 beschlossenen Anträgen, werden nicht alle umgesetzt.
Die Anträge der CDU (aber auch ähnliche Anträge anderer Fraktionen) legen den Schwerpunkt auf wenige Themen: Mobilitätswoche, Personalentwicklung, FFW Azmannsdorf und die Schulsporthalle Stotternheim. Unsere Deckungsvorschläge dafür sind: das Promenadendeck ICE-City (kalkuliert 5 Mio. tatsächliche Kosten deutlich höher, keine verbindliche Fördermittelzusage, daher Maßnahme in keinem Fall 2020 umsetzbar). Parkgebühren: Steigerung im Haushalt geplant ohne Erklärung warum, Erhöhung der Parkgebühren kann der Stadtrat nicht verhindern, aber ein Stopfen von Haushaltslöchern schon, deshalb Änderungsantrag dazu, um die Parkgebühren den Bürgerinnen und Bürgern wieder zurück zu geben. Es gibt darüber hinaus einen fraktionsübergreifenden Antrag zur Kita-Finanzierung des evangelischen Kindergartens Luise-Mücke-Stiftung – die Verwaltung hatte die Einarbeitung der notwendigen Mittel vergessen. Wir wollen, dass die dafür dringend benötigten Mittel bereitgestellt werden.
Zu den Anträgen der anderen Fraktionen gibt es von der CDU Unterstützung und Ablehnung Den Anträgen der SPD und der Linken stimmen wir weitgehend zu. Der Antrag der Linken zu den 16,8 Mio. erwünschten Mitteln vom Land kann nicht behandelt und beschlossen werden – Landtag berät noch dazu, gerade erst erste Lesung, keine klaren Mehrheiten sind dazu erkennbar, denn unterschiedliche Ansichten darüber, ob eine Zweckbindung für diese Mittel durch das Land erfolgt. Klarheit darüber gibt es wohl erst im März. In jedem Fall müssten wir diese Mittelverwendung dann bei einem weiteren Nachtragshaushalt diskutieren. Die Kolleginnen und Kollegen der Linken müssen wir aber auch daran erinnern, dass es einen grundsätzlichen Beschluss des Erfurter Stadtrates bereits gibt. Dieser will zusätzliche Zuschüsse des Landes 1:1 in den Bereich der Schulsanierung lenken und dieser Beschluss wurde von den Linken mitgetragen.
Die Haushaltsänderungsanträge der Mehrwertstadt lehnen wir ab. Sie enthalten handwerkliche Fehler (keine Deckung) und sind inhaltlich falsch (Bastionskronenpfad, Löbertor, Revolution-Train). Zustimmen hingegen zu einigen der Haushaltsbegleitanträge. Der Antrag der AfD ist inhaltlich falsch und kein umsetzbarer Haushaltsantrag. Das Thema der allgemeinen Rücklage wurde im Stadtrat mehrfach diskutiert. Sie ist notwendig, aber auch da gilt, dass man sich das Geld dafür nicht wünschen kann, sondern sie nur mit seriösen Deckungsquellen gespeist werden kann. Zweckgebundenen Mittel des Landes heißen so, weil sie nicht willkürlich umgewidmet werden können. Die Vertreter der AfD könnten oder müssten das wissen, deshalb ist der Antrag entweder dilettantisch oder mutwillig provozierend geschrieben.
Die Anträge der Grünen Möbilitätswoche und Fahrradstellplätze gibt es auch von anderen Fraktionen, aber bei den Grünen sind es nur fiktive Deckungsvorschläge (Gestattungsverträge) – ursprünglich waren als Deckung der Sammelnachweis bzw. Energiekosten geplant. Für den beantragten Radverkehrsbeauftragten gibt es weder eine Aufgaben- noch eine Kompetenzbeschreibung. Die dauerhafte Einrichtung einer zusätzlichen Stelle, mit Kosten die über den Haushalt 2020 und auch über den Planungszeitraum der Buga hinausgehen, erfordert dies aber. Wir sollten dabei auch das Personalentwicklungskonzept der Stadt im Blick haben. Die zahlreichen Anträge der FDP im Finanzausschuss haben sich jetzt im Stadtrat deutlich reduziert. Als Deckungsquelle werden die Zinsen benannt. Die Planung der Zinsen ist aber die Voraussetzung für Kreditermächtigungen der Stadt. Deshalb werden wir nur den Anträgen zu den Spielplätzen und zur Musikschule und den Haushaltsbegleitanträgen zustimmen. Die geforderte Kaufreizprämie für Lastenräder der FW/Piraten lehnen wir ab.
Der Nachtragshaushalt 2020 ist kein normaler Haushalt, sondern die Korrektur eines bereits beschlossenen Haushalts. Das Gestaltungsspiel der Fraktion und der Verwaltung ist dabei sehr begrenzt. Deshalb müssen viele der dringend notwendigen Projekte auf die Aufstellung des Haushalts 2021 vertröstet werden. Dieser Haushalt wird eine gewaltige Herausforderung. Wir wissen nicht welche Entwicklung die Buga-Kosten bis dahin nehmen werden. Wir wissen hingegen, dass für die Kitas nach derzeitigem Stand über noch über 12 Millionen fehlen. Wir wissen nicht genau, wie hoch die Kosten der Schulsanierung sein werden denn ich befürchte die 450 Millionen sind nicht ausreichend. Hinzu kommen die nicht abschätzbaren Entwicklung bei den Steuereinnahmen und Zuweisungen vom Land und die weiter steigenden Personalkosten.
Der nächste Haushalt wird sich der Milliardengrenze nähern. Ich kann daher nur vor übertriebenen Erwartungen warnen, es stehen auch unangenehme Beschlüsse an. Wir brauchen für künftige Haushalten einen breiten Konsens, dass wir dem größten Projekt, der Schulsanierung viele sonstige Begehrlichkeiten unterordnen. Zur Verantwortung aller gewählten Stadträte gehört es aber auch, dass wir uns dieser Herausforderung stellen.
Stadtratssitzung im Videorückblick