30 Jahre Schwerter zu Pflugscharen
Wenn man derzeit durch die Andreasstraße in Erfurt fährt fällt an der Andreaskirche, gegenüber der ehemaligen Stasizentrale ein großes Transparent am Kirchturm auf. Darauf zu sehen ist das Symbol “Schwerter zu Pflugscharen” und der Hinweis auf 30 Jahre ökumenische Friedensdekade. Vor 30 Jahren trafen sich in der ehemaligen DDR Vorbereitungsgruppen für die 1. Friedensdekade. Nachdem die DDR 1978 das Schulpflichtfach Wehrerziehung eingeführt hatte, positionierte sich insbesondere die Evangelische Kirche sehr deutlich dagegen und trat für eine Entmilitarisierung ein.
1980 fand erstmals das Symbol einer sowjetischen Skulptur mit dem Bibelwort erstmals auf einem Aufnäher Verwendung. Ursprünglich als Lesezeichen gedacht wurde es in einer Auflage von 120.000 Stück in der Druckerei der Herenhuter Brüdergemeinde auf Vliesstoff gedruckt, da dies als “Textiloberflächenveredlung” keine staatliche Druckgenehmigung brauchte.
In den folgenden Wochen und Monaten fand das Motiv, kreisrund herausgeschnitten 7 cm im Durchmesser, als Aufnäher rasche Verbreitung in der gesamten DDR. Jugendliche trugen ihn auf Jacken und Taschen und die DDR-Staatsmacht reagierte verstört. Für mich war dies eine politisch prägende Zeit und zugleich die Zeit der ersten unangenehmen Bekanntschafften mit dem Staatssystem der DDR.
Als Mitglied der Jungen Gemeinde war es für mich ein Ausdruck und politisches Bekenntnis diesen Aufnäher auf meiner Jacke zu tragen. In den Schulen wurde dies allerdings nicht geduldet und so stand ich deswegen (damals 8.Klasse der POS 24 in Erfurt) vor der stellvertretenden Schulleiterin.
Diese forderte mich auf den Aufnäher sofort zu entfernen. Der einzige damals verhandelbare Kompromiss war, dass ich die Jacke auf dem Schulgelände nicht mehr anzog.
Den Aufnäher habe ich heute 29 Jahre später immer noch. Auch viele Jahre nach der Wende trug ich ihn noch in einer Folie in meinem Terminplaner mit mir und bei meiner ersten Reise nach Amerika war ich damit auch an der Skulptur vor der UNO.
Dass heute an die Friedensdekade erinnert wird, finde ich sehr gut. Viele Impulse gingen von der evangelischen Kirche aus, auch bereits zehn Jahre vor der Wende.