
Der Berg kreißte und gebar eine Maus

Ihr Stadtrat für Erfurt

Leider gibt es wenig Neuigkeiten aus dem Rathaus. Das erste Quartal des jungen Jahres ist um und in unserer Stadt gibt es keinerlei Anzeichen, dass der Oberbürgermeister gewillt ist, einen Haushaltsentwurf vorzulegen. Am schlimmsten trifft dieser Umstand die freien Träger in den unterschiedlichsten Bereichen im heutigen Jugendhilfeausschuss wurde die überdeutlich.
Im Dezember wurde ihnen von der rot-rot-grünen Stadtratsmehrheit noch versichert, dass alle Probleme im April geklärt sind. Inzwischen ist dieses Versprechen jedoch auch zur Utopie mutiert, da für einen rechtskräftigen städtischen Haushalt schon längst ein Entwurf hätte vorliegen müssen. Selbst wenn ein Entwurf in die Ratssitzung am 20.3.2013 durch den OB eingebracht werden würde, wonach es nicht aussieht, würde dieser Haushalt kaum noch vor der Sommerpause im Juni Rechtskraft erlangen.
Die Unsicherheit bei den freien Trägern wird da naturgemäß immer größer, wofür die CDU-Stadtratsfraktion großes Verständnis aufbringt. Wer sich dort in den Vereinen bemüht, nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu arbeiten, müsste längst die Mitarbeiter gekündigt haben, da derzeit weder die Lohn-, noch die Sachkosten als gesichert anzusehen sind. In dieser Situation beschloss der Jugendhilfeausschuss, unter Zustimmung von Frau Thierbach, die Aufhebung der vom Stadtrat gesetzten Haushaltssperren vorerst bis Juni und der Stadtkämmerer Dr. Müller, früher Stadtrat der SPD, entgegnet in einer schriftlichen Stellungnahmen, dass es so nicht ginge. Es handle sich hierbei um einen unerlaubten Vorgriff auf den Haushalt 2013 und man unterlaufe und gefährde damit die Bemühungen um einen Haushaltsausgleich. Im Übrigen dürfe der Jugendhilfeausschuss das gar nicht beschließen. Nun soll der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung diesen Beschluss fassen.
Mit den immensen Problemen werden die Freien Träger allein gelassen. Wer außerhalb dieser Stadtverwaltung soll denn noch mit Sicherheit wissen, was durch wen beschlossen wurde und vor allem ob der das auch beschließen durfte und ob der Beschluss damit auch Bestand hat. Auf das Machtwort des Oberbürgermeisters warte man vergeblich. Es wäre seine Aufgabe als Chef der Verwaltung vorzugeben, in welche Richtung das Schiff fahren soll. Es wäre seine Aufgabe, der linken Bürgermeisterin zu sagen, bis hier her und keinen Schritt weiter. Es wäre seine Aufgabe, zu sagen, dass unsere Stadt erhebliche Geldprobleme hat, in deren Konsequenz auch von einigen der vollmundigen rot-rot-grünen Versprechen Abstand genommen werden muss.
Würde der Oberbürgermeister diesen Offenbarungseid leisten, müsste sofort mit einer Umsteuerung der gesamten Finanzpolitik begonnen werden. Meine Fraktion mahnt schon seit dem Doppelhaushalt 2011/2012 an, dass die wenigen zur Verfügung stehenden Gelder dazu verwendet werden müssen, in die Perspektive unserer Stadt investiert zu werden. Stattdessen wird der Verwaltungshaushalt mit immer neuen Aufgaben aufgeblasen, sodass zum Schluss keine Mittel mehr für den Werterhalt der Vermögenswerte zur Verfügung stehen. Momentan sind es nicht nur die Schulden die wir der nächsten Generation hinterlassen, sondern jede Menge unsinnige, aber durch Verträge gebundene Aufgaben. Das Personalentwicklungskonzept besteht nur aus bedrucktem Papier. Der Kaufmann greift in dieser Situation zu einem Mittel, welches im HGB verankert ist. Es nennt sich Inventur. Das Einzige, was im Moment hilft, ist ein rigoroser Kassensturz und eine kritische Analyse der durch die Stadt zu erfüllenden Aufgaben.

Der Titel der gestrigen Personalversammlung der Mitarbeiter der Erfurter Stadtverwaltung versprach mehr, als die Veranstaltung halten konnte. Mit mehr als tausend Teilnehmern war ein Drittel der Mitarbeiter der Stadtverwaltung in die Thüringenhalle gekommen, um vom Oberbürgermeister und den sechs Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen Konkretes zum Haushaltsentwurf 2013 und zum Personalentwicklungskonzept der Stadt zu erfahren.
Leider gab es aber keine Aussagen vom Oberbürgermeister, wann mit einem Haushaltsentwurf zu rechnen sei und wie er die momentane Lücke von rund 31 Millionen schließen will. Stattdessen verwies Andreas Bausewein mal wieder auf die Schuld des Landes – analog dem Verdi-Motto “Geld ist genug da”. Fakt ist aber, dass Erfurt nahezu das gleiche Finanzvolumen erhält wie im Vorjahr, so lassen sich also die fehlenden Millionen nicht erklären.
Berechtigten Widerspruch erntete er gestern von allen sechs Fraktionsvorsitzenden (einschließlich dem seiner SPD-Fraktion), als er versuchte den Stadtrat die Verantwortung und den schwarzen Peter zuzuschieben. Nicht der Stadtrat ist aber für den Entwurf eines ausgeglichenen Haushalts zuständig, sonder laut Kommunalordnung der Oberbürgermeister mit seiner Verwaltung! Ich habe gestern für die CDU-Fraktion erklärt, dass wir uns gerne mit konkreten Vorschlägen auseinandersetzen – wenn denn mal welche da sind. Auch beim RTL-Schuldnerberater Peter Zwegat wird zunächst ersteinmal die Einnahme- und Ausgabeseite auf einen Flipchart geschrieben!
Das sogenannte Personalentwicklungskonzept ist ein Beispiel, wie der OB seit nunmehr einigen Jahren auf Zeit spielt. Mehrfach hat der Stadtrat dies eingefordert, für September 2010 war es verbindlich angekündigt – im Sommer 2012 kam es dann erst. Allerdings nur in einer Aneinanderreihung von möglichen Aufgaben, von denen sich die Stadt trennen könne.
Rund 50 Millionen Euro der kommunalen Personalkosten (derzeit 150 Millionen Euro) könnten damit reduziert werden, wird suggeriert. Dies ist jedoch eine Milchmädchenrechnung! Klar kann man die verbleibenden kommunalen Kitas (rund ein Dutzend) in freie Trägerschaft überführen und damit fallen gut 10 Millionen Personalkosten bei der Stadt nicht mehr an, aber dafür muss die gleiche Summe an die freien Träger gezahlt werden. Dies gilt für die meisten Teile dieses Papiers.
Da in dem Papier nicht dargestellt ist, welche Maßnahmen seitens der Stadtverwaltung nur aufgelistet und welche präferiert werden, ist natürlich die Verunsicherung unter den Mitarbeitern groß, immerhin sind rund 1000 Stellen aufgelistet. Diese Verunsicherung bleibt auch weiter, denn der OB erklärte gestern nicht wann und in welchem Umfang das Personalentwicklungskonzept Wirksamkeit entfalten könnte. Er erklärte lediglich, dass mit ihm keine Entlassungen im öffentlichen Dienst zu machen seien – dies sagten aber unisono auch alle Fraktionen.
Auch die alte linke Leier zieht nicht mehr. Der linke Fraktionsvorsitzende verwies auf Schulden die er vermeintlich 2006 übernehmen musste und auf Kürzungen des Landes. Dies stimmt sogar, aber ist eben nur die halbe Wahrheit. Zur ganzen Wahrheit gehört, dass damals noch Rücklagen von 30 Millionen da waren, die Rot-Rot-Grün seitdem systematisch verfrühstückt hat.
Wo also soll dann das Geld her kommen? Die Frage bleib weitgehend offen.
Wesentlich mehr Geld vom Land wie der OB forderte? Das bleibt wohl ein frommer Wunsch. Es wird wohl wie im vergangenen Jahr einen Nachschlag geben, aber in diesem Jahr ist selbst die SPD-Landtagsfraktion bei diesem Thema zurückhaltender.
Reduzierung der Personalkosten? Bei der Stadt geht das kurzfristig nicht. Wenn, dann also wohl nur bei den freien Trägern mit ihren vermeintlich freiwilligen Leistungen. Sie werden die Diskussion frustriert verfolgen, weil sie wissen, dass sie in letzter Konsequenz am heftigsten betroffen sind.
Die eigenen Einnahmen der Stadt erhöhen? Wird wohl ein Vorschlag der Linken sein, wenngleich die Schraube bei Hebesätzen und Grundsteuer schon bis ans Ende gedreht ist (am 1.1.2013 folgt schon die nächste Erhöhung). Allerdings kündigte der OB in einem Halbsatz gestern eine Erhöhung der Kita-Gebühren an. Da sind wir allerdings schon deutschlandweit Spitzenreiter und vor Jahren hatte der Oberbürgermeister einmal gebührenfreie Kitas angekündigt…
Die städtischen Gesellschaften und Beteiligungen weiter plündern? Bei Kowo, Sparkasse und Stadtwerken hat es die Stadt schon letztes Jahr versucht, auch da kann man nicht wirklich ran, wenn man nicht die Unternehmen gefährden will.
Investitionen kürzen oder zurückstellen? Geht nur in geringem Umfang, da der Verwaltungs- und der Vermögenshaushalt in einem angemessenen und kommunalrechtlich definierten Verhältnis stehen müssen.
Zuschüsse kürzen? Der 50 Cent Zuschuss zum Mittagessen in Kitas und Schulen steht mal wieder auf der Wunsch-Streichliste des OBs. Die Streichung des Sozialtickets wohl auch. Bei letzterem hat er sogar die Unterstützung der CDU-Fraktion, aber wohl nicht die der Linken.
Überhaupt bleibt die spannendste und unbeantwortete Frage wer überhaupt einen Haushalt mit ihm beschließen wird. Zwar verpflichten sich die SPD, Linke und Grüne in ihrem Koalitionspapier dazu, haben aber ihre “Wagenburgen” schon aufgestellt und Tabuthemen formuliert. Die linke Kreisvorsitzende kündigte in dieser Woche in einer Pressemitteilung erst an, was mit ihnen nicht zu machen sei:
Die Erfurter LINKE ist nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie der OB und die Finanzbeigeordnete derzeit mit dem Haushaltsloch umgehen. „Einem Weg, der die kulturellen und sozialen Leistungen ab Januar massiv in Frage stellt, werden wir keinesfalls zustimmen. Alles andere würde der zwischen unseren Parteien geschlossenen Vereinbarung widersprechen, die den Schutz der kulturellen und sozialen Substanz unserer Stadt zur Hauptausgabe erklärt hat, und der rot-rot-grünen Kooperation schwer schaden“, betont der Stadtvorsitzende Dr. Steffen Kachel. „Insbesondere trifft eine 20-Prozent-Kürzung im Kultur- und Jugendbereich, von der einige reden, auf unseren entschlossenen Widerstand.“
Alles klar! Getreu dem Motto “ob friedlich oder militant, was zählt ist nur der Widerstand, sagt der linke Koalitionspartner der SPD nicht wo gespart werden soll, sondern wo nicht. “Selbst geschaffenes Leid” sage ich dazu – das kann die SPD doch nicht wirklich überraschen. Mich erstaunt nur dass sie meinen, mit so einer Truppe sogar den Freistaat Thüringen regieren zu können oder zu wollen!
Die CDU-Fraktion hat in den letzten drei Jahren bei jeder Haushaltsberatung vor der jetzigen Entwicklung gewarnt und ein Umsteuern gefordert. Wir werden uns konstruktiv mit dem Haushalt auseinandersetzen, wenn er auf dem Tisch des Stadtrats liegt. 
