Keine 24 Stunden nach der gestrigen Abstimmung zur Beigeordnetenwahl sind offensichtlich Teile der SPD von ihrer eigenen Courage erschreckt und versuchen hastig, den schwarzen Peter von sich zu schieben.
Fakt ist aber, dass offensichtlich die große Mehrheit der Genossinnen und Genossen der Erfurter SPD nur Unterstützung einfordert, wenn es im links-link-grünen Lager keine Mehrheit gibt. Dies war bei den letzten beiden Haushaltsdiskussionen ebenso der Fall, wie bei zahlreichen Anträgen der Linken und der Grünen.
Das Erfurter Modell gibt es nach meiner Meinung nicht (mehr). Es wird auch nicht ersetzt, durch das von der SPD nun präferierte Modell „wasch mich, aber mach den Pelz nicht nass“.
Wer voller Heldenmut dem eigenen Oberbürgermeister eine reindrückt, sollte nicht nur dazu stehen, sondern auch einen Plan B in der Tasche haben. Als Finanzpolitiker meiner Fraktion möchte ich anmerken, dass die CDU ganz sicher nicht zur Verfügung stehen wird, Straßen und Parkplätze mit viel Geld zurück zu bauen und stattdessen Schulen in ihrer dringend notwenigen Sanierung zu vernachlässigen. Diese Bereiche waren und sind aber Kernaussagen des ehemals linken Fraktionsvorsitzenden und nun Beigeordneten. Wenn immerhin 29 Stadträte der Meinung sind, dass dies sich mit ihren Zielen deckt, dann werden höchstwahrscheinlich diese 29 Stadträte auch den Haushalt 2021 beschließen müssen.
Der Haushalt 2021 wird – wenn er überhaupt irgendwann als Entwurf vorliegt – voraussichtlich nur einen Bruchteil der notwenigen Investitionen für Schulen, Kitas und Infrastruktur enthalten. Stattdessen wird der Verwaltungshaushalt einen übergroßen Anteil ausmachen. Ich sehe keinerlei Gestaltungsspiel und auch keinerlei Gestaltungswillen bei der Mehrheit des Erfurter Stadtrats. Seit gestern Abend dürfte klar sein, dass wir bei der Abstimmung zum Haushalt 2021 wohl auf unterschiedlichen Seiten des Tisches sitzen werden.
Panse: Klare Ansagen für den Petersberg fehlen
“Bis zur Bundesgartenschau braucht Erfurt längst nicht mehr damit rechnen, dass mit der Defensionskaserne auf dem Petersberg irgendetwas passiert. Ob das Landesmuseum nach 2021 überhaupt kommt, steht immer noch in den Sternen. Die Erfurter Stadtverwaltung muss klar Position beziehen!”, kritisiert Michael Panse, der die CDU-Fraktion im BuGa-Ausschuss vertritt.
Panse zeigt sich wegen des Gelingens der Pläne besorgt, das Landesmuseum künftig auf dem Petersberg anzusiedeln: “Es fehlen immer noch klare Ansagen und Positionen.” Vielmehr würde per Hinthaltetaktik auf Zeit gespielt und das Landesmuseum wird zum Spielball mit Blick auf die anstehende Landtagswahl. Zwar gab es seitens des Landes diverse Ankündigungen, allerdings gibt die SPD-Finanzministerin dem Vorhaben nun einen erheblichen Dämpfer, wenn man der aktuellen MDR-Berichterstattung folgt. Demnach sei für den Standort Erfurt kein Geld vorhanden. Darüber hinaus haben die Erfurter SPD-Abgeordneten im Landtag offenbar kein Interesse, das Landesmuseum nach Erfurt zu holen.
Die fehlenden klaren Ansagen erhofft sich Panse deshalb in der Beantwortung einer Stadtratsanfrage. Dabei ist der Oberbürgermeister gefragt, die Positionen der Stadt zum Vorhaben des Landesmuseums darzulegen und sich für den Standort Erfurt beim Land einzusetzen. Mit der Anfrage soll zudem deutlich werden, welcher der aktuelle Planungsstand ist und wann die nötigen Vereinbarungen für den Standort Erfurt getroffen werden. Panse ist zuletzt auch der Auffassung, dass der Erfurter Oberbürgermeister klare Ansagen gegenüber den Erfurter SPD-Abgeordneten machen muss, solche spezifischen Erfurter Interessen beim Land zu vertreten. “Auf dem Petersberg wurden zu viele Chancen vertan, zu viel Zeit ging ins Land. Zur Buga schafft es die Stadt nicht mehr. Das Bekenntnis für den Standort Erfurt soll deshalb umso energischer sein”, schließt Panse ab.
Eine richtige Auswertung der Wahl kann und braucht es ja auch hier noch nicht sein. Am Tag nach dem 1. Wahlgang beraten die Parteien und Fraktionen über den Wahlausgang und die weitere Strategie. Das Wahlergebnis führt zu einer Stichwahl und die CDU Hat mit unserer Kandidatin Marion Walsmann ihr erstes Ziel erreicht.
Sieben Prozent hat Marion mehr geholt, als ich vor sechs Jahren und entscheidend für Stichwahl ist darüber hinaus, dass der Amtsinhaber rund 30 Prozent verloren hat. Überraschend schlecht abgeschnitten haben die Linken mit 11 Prozent und die FDP mit 2 Prozent. Grüne und Freie Wähler hatten das zu erwartende Ergebnis und die AfD blieb glücklicherweise bei 14 Prozent “hängen”. Überraschung des Abends war der Kandidat der Mehrwertstadt Sebastian Perdelwitz, der aus dem Stand 9,5 Prozent holte.
Nicht unüblich für Stichwahlen begann bereits gestern Abend das Werben um die Stimmen der ausgeschiedenen Kandidaten. Vor diesem Hintergrund wird es spannend, wie in zwei Wochen die Wahlbeteiligung ausssieht (gestern waren es 48 Prozent) und wie sehr die Erfurterinnen und Erfurter einen Wechsel im Rathaus wollen. Der Amtsinhaber hat (ähnlich wie seine Kollegen in den anderen kreisfreien Städten) mächtig an Zustimmung eingebüßt und sich dies in den letzten Jahren systematisch erarbeitet.
Was jetzt im Rahmen der Stichwahl passiert wird auch eine Signalwirkung für das kommende Jahr haben. Wir werden im nächsten Jahr neben der Europawahl vor allem die Kommunal- und Landtagswahl haben. Das gestrige Ergebnis macht Mut, dass wir auch im kommenden Jahr in Erfurt zur Kommunalwahl und in den Landtagswahlkreises stärkste Kraft werden können – wir kämpfen darum!
Bilder vom WahlabendErgebnisse der Erfurter Wahl
Heute Abend wurde die Große Anfrage der CDU-Fraktion erwartungsgemäß kontrovers im Stadtrat diskutiert. Für meine Fraktion habe ich verdeutlicht, warum wir die Anfrage eingereicht haben und was unsere grundsätzliche Kritik an der rot-rot-grünen sowie der Politik des Oberbürgermeisters ist.
Mitte Januar haben wir die Große Anfrage auf den Weg gebracht und sind davon ausgegangen, dass die Beantwortung der Anfrage zum kommunalen Eigentum umfänglich und inhaltlich gut erfolgen könnte.
Schließlich sollte jeder Eigentümer und erst recht eine kommunale Verwaltung mit dem ihr anvertrauten Eigentum der Bürger nicht nur pfleglich umgehen und es nachhaltig erhalten, sondern auch wissen wann und welche Sanierungen und Investitionen notwendig sind.
Wir sind von der Antwort auf unsere Anfrage in höchstem Maße enttäuscht. Dass die Antworten so unbefriedigend ausfallen, ist nicht Schuld der Finanzbeigeordneten, sondern Ergebnis einer generell verfehlten Politik und einer offensichtlich geringen Wertschätzung des kommunalen Eigentums. Als Eingangssatz der Antwort auf unsere Anfrage hat der Oberbürgermeister formuliert – oder von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit formulieren lassen:
„Die Stadt Erfurt hat eine hervorragende Entwicklung seit der Wende erfahren.“
Zustimmung von der CDU! Das hat die Stadt. Weil es Anfang der 90ger Jahre die richtigen Weichenstellungen gab!
Aber ab 2006 können wir eine Entwicklungsbremse feststellen! Neue Schulden, Steuererhöhungen und fehlende Investitionen stehen dafür! Ab da gab es mehr Versprechungen und weniger Umsetzungen. Schwerpunkte wurden anders gesetzt und die Auswirkungen spüren wir jetzt. Es ist Aufgabe von Rot-Rot-Grün dies zu rechtfertigen, aber unsere Aufgabe ist es als Opposition die notwendige Kritik daran zu üben und Alternativen aufzuzeigen.
„Nunmehr steht die Stadt vor großen Herausforderungen in der Finanz- und Vermögensentwicklung“
ursächlich dafür seien städtisches Wachstum, infrastruktureller Erneuerungsbedarf und Unterfinanzierung steht in der Antwort zu lesen. Diese Aufzählung ist unvollständig – denn erschwerend kommen kommunalpolitische Fehlentscheidungen hinzu!
Wir hatten detailliierte Angaben zur dramatischen Finanzsituation inklusive des Sanierungsstaus erwartet. Indes die gibt es nicht und der Oberbürgermeister erklärt dazu, dies sei wegen des Umfangs der Anfrage und den verfügbaren personellen Kapazitäten nicht leistbar. Tatsache ist aber, dass diese Angaben gar nicht verfügbar, teilweise gar nicht erfasst, oder möglicherweise aus wahlstrategischen Gründen nicht offenbart werden. Alle diese drei Gründe sind gleich schlimm.
Im April 2006 hat der Erfurter Stadtrat mit breiter Mehrheit (vor dem Amtsantritt von Andreas Bausewein) die Einführung der Doppik beschlossen. Es gab umfangreiche Vorarbeiten und der Beschluss wurde in den Jahren 2008 und 2010 noch einmal angepasst. Im Jahr 2012 beantragte aber die SPD im Stadtrat, die Doppik auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Anfang 2013 wurde dies von Rot-Rot-Grün gegen die Stimmen der CDU beschlossen. Ich erkläre gerne was mit Doppik gemeint und warum das wichtig ist. Die Doppik ermöglicht eindeutige Aussagen über das Vermögen, Schulden und Abschreibungen – das ist in jedem Betrieb üblich. Dies erfordert eine umfängliche Datenerfassung. Vor fünf Jahren wurde, ein Jahr vor der letzten Kommunalwahl, die Erfassung dieser Daten von Rot-Rot-Grün gestoppt. Jetzt geht es darum den Rückstand schnell wieder aufzuholen.
Ziel der SPD war es 2012, sich und anderen die Augen zuzuhalten um Probleme auszublenden und in der Öffentlichkeit den damals schon bestehenden Sanierungsstau nicht allzu deutlich werden zu lassen. Die Erfassung und Bewertung der Daten ist aber dringend notwendig, um planen zu können – Schulen, Kitas, Straßen, Brücken, Gebäude, Sportstätten, Spielplätze und vieles mehr. Die Antwort auf unsere große Anfrage offenbart hingegen Plan- und Konzeptlosigkeit, zumindest in den Bereichen, wo es nicht, wie bei den Kitas, Einzelpläne gibt. Somit taugt das Werk nur sehr eingeschränkt als Abschlussbilanz des Oberbürgermeisters und schon gar nicht als positive. Wirtschaftsprüfer würden darauf jedenfalls kein Testat und wahrscheinlich noch nicht einmal einen eingeschränkten Prüfungsvermerk ausstellen!
Bei Frage 2 haben wir um eine Auflistung der einzelnen Bereiche gebeten. Bei Schulen gibt es einen von der Verwaltung benannten Investitionsstau von 450 Millionen Euro – falls er innerhalb von 10 Jahren abgearbeitet wird, sonst könnten es auch 550 werden. In Kitas wurde viel investiert. Aber durch die Streckung der Umsetzung des Sanierungsplans, ursprünglich hatte der OB eine Abarbeitung bis 2012 versprochen und jetzt sind wir bei 2021 in der Planung, wurde es um vieles teurer. Zu den Spielplätzen werden 1,3 Millionen benannt, aber dies dürfte weit an der Wahrheit vorbei sein. Weder notwendige Neubauten noch zeitgemäße Anpassungen sind dabei berücksichtigt. Bei den Jugendhäusern war es im Jahr 2015 ein Investitionsstau von 8,62 Millionen. Bei den Straßen, Gehwegen, Radwegen und Brücken kommen wir an einen Punkt, wo die Verwaltung weitgehend ahnungslos ist, welche Bedarfe bestehen. Nur sporadisch werden da Einzelbereiche erfasst, wie für die Brücken und die straßenverkehrstechnische Infrastruktur. Einen Zustandsbericht für Straßen, Wege und Plätze gibt es nicht, aber trotzdem natürliche einen immensen Investitionsstau.
Für die Sportstätten weiß wohl zumindest der Erfurter Sportbetrieb ganz gut Bescheid, aber die aufgelisteten Investitionsmittel stehen im krassen Gegensatz zu den Bedarfen. Zu den Bädern werden wir gesondert kommen und zu den Bürgerhäusern und sonstigen kommunalen Gebäuden kann der Oberbürgermeister keine Angaben machen.
Summa summarum lassen sich rund 645 Millionen Sanierungsstau gesichert ausmachen – 200 bis 300 Millionen kommen möglicherweise noch hinzu.
Die begrenzt vorhandenen Informationen setzen sich bei der Frage nach der Wertminderung fort. „Die Verlängerung der Nutzungsdauer“ ist da eine wichtige Bemerkung. Das kann man aber klarer formulieren mit der Feststellung, es wird auf Verschleiß gefahren. Exemplarisch dafür ist die Aussage, dass ein Großteil der Gebäude des Sportbetriebs bereits vollständig abgeschrieben sind und sich somit keine Wertminderung mehr beziffern lässt.
Dies alles ist nach Einschätzung der CDU-Fraktion eine tickende Zeitbombe. Die Grenznutzungsdauer nach Kassenlage auszudehnen und notwendige Sanierungen und Investitionen hinaus zu zögern ist etwas, was bis zur Wende im Osten Deutschlands Staatsprinzip einer Mangelwirtschaft war! Viele andere Punkte aus unserer großen Anfrage können wir heute hier nicht vertieft diskutieren, werden sie aber besprechen müssen, wenn uns die Zukunft der Stadt am Herzen liegt.
Die CDU fordert in Konsequenz auf die löchrigen Antworten auf unsere Anfrage umgehend die Planungen zur zügigen Einführung der doppischen Haushaltsführung wieder aufzunehmen. Die Diskussion zu unserer Großen Anfrage wird im Finanz sowie Bau- und Verkehrsausschuss fortgesetzt.
Langsam steigt die Spannung. Bis Ende nächster Woche können sich die sozialdemokratischen Genossinnen und Genossen entscheiden. heute sind mir per Zufall die Abstimmungsunterlagen “in die Hände” bzw. auf den Schreibtisch gefallen. Die SPD-Spitze legt sich noch einmal kräftig ins Zeug. Nahezu alle aus der Parteispitze haben eine de facto Resolution unterschrieben, mit der an der Basis geworben wird.
Die Gegenseite setzt da eher auf Aktionen. Am Sonntag wird der Juso-Kevin in Erfurt zu Gast sein und mit Carsten Schneider zum Thema streiten. Die Erfurter Jusos mögen es da etwas militanter und erklärten gestern in der Tagespresse ihrer Bundespartei den Krieg – zumindest befänden sie sich auf Kriegsfuß mit der Bundes-SPD. Auf Kriegsfuß? Na ja, die Jusos sind halt kalte Krieger oder Großstadt-Indianer. Aber auch das erklärt ein wenig, warum die SPD so einen “Lauf” hat. Der derzeit amtierende Oberbürgermeister Bausewein (SPD) kann sich bei seinen jungen Genossen “bedanken”, dass sie dies so eindrücklich dokumentieren.
Während am Sonntag Kevin und Carsten in Erfurt diskutieren, werde ich schon auf dem weg nach Berlin sein. Dort findet am Montag der 30. Parteitag der CDU Deutschland statt. Als Delegierter werde ich für das ausgehandelte Koalitionspapier stimmen. Meine Meinung dazu habe ich schon mehrfach hier dokumentiert. Ich hoffe auf eine gute und intensive Aussprache in Berlin, aber dann auf ein klares verantwortungsvolles Votum. Das wünsche ich der SPD auch. Der Versuchung, den Stimmzettel auszufüllen, bin ich heute trotzdem nicht erlegen – ich habe die Unterlagen ordnungsgemäß zurück gegeben. Ich vertraue darauf, dass die meisten Genossinnen und Genossen wissen worauf es ankommt, auch wenn sich die Thüringer SPD-Spitze dazu weitgehend in Schweigen hüllt.
Soziale Netzwerke als Bühne zum Frustabbau – so kann man das beschreiben, was sich seit Mittwoch bei Facebook, Twitter und Co abspielt. Befremdet verfolge ich, was es so alles für Kommentare von politisch engagierten oder zumindest interessierten Menschen gibt zum Thema GroKo. Bereits am Mittwoch habe ich für mich entschieden, dass ich mir gerne erst einmal selbst ein Bild vom Koalitionsvertrag machen möchte und mir dann ein Urteil bilde.
Dies ist inzwischen geschehen und ich denke, der Koalitionsvertrag ist ein Kompromiss zwischen drei Parteien, die unterschiedliche Vorstellungen hatten und haben, aber sich auf einen gemeinsamen Nenner einigen mussten. Mit einer Jamaika-Koalition wären noch ganz andere Sachen heraus gekommen. Es ist aber müßig, darüber jetzt noch zu sinnieren oder Tränen darüber zu vergießen.
Es ist für mich erstaunlich, dass so viele politisch aktive Menschen (aus allen Parteien) vergessen oder verdrängen, was zur letzten Bundestagswahl (und auch schon bei Wahlen zuvor) passiert ist. Die Zeiten von klaren oder gar absoluten Mehrheiten sind vorbei. Sechs Parteien im Bundestag sorgen dafür, dass die Tortenstücke kleiner werden, aber immer noch für viele Entscheidungen Mehrheiten von 50+ benötigt werden. Bis auf die CDU/CSU wollte, durfte oder konnte keine Partei Verantwortung übernehmen. Was war, oder ist also die Alternative? So lange wählen, bis das Ergebnis stimmt? Wechselnde Mehrheiten bei einer Minderheitsregierung abhängig von AfD und Linken?
Keiner der lautstarken Kritiker beantwortet diese Frage. Deshalb finde ich die allgemeine Stammtischkritik so sinnlos. Hinzu kommt, dass sich das Land mehr darüber aufregt, wer in welchem Ministerium Minister wird, oder was die CDU für Ministerien geopfert hat. Auch da ist es in einer Koalition so, dass zwei Regeln gelten. Zum einen greift die zweitgrößte Partei auf das vermeintlich wichtigste Ministerium zu (da die größte Partei das Kanzleramt hat) und danach geht es reihum weiter. Zum anderen entscheiden die Parteien jede für sich, wer am Ende für sie Minister wird. Insofern ist es unangemessen, der SPD oder der CSU als CDU-Mitglied hineinreden zu wollen.
Alle eifrigen Kommentatoren von den Medien über Facebook bis zu Ortsgruppensitzungen sollten sich bewusst sein, dass sie gerade den allgemeinen politischen Verdruss befördern, den sie immer beklagt haben. Ich erwarte von den gewählten Bundestagsabgeordneten, dass sie ihren Job machen und nach einem halben Jahr endlich eine Regierung bilden. Regierung und Opposition können sich dann gerne die ganze Wahlperiode noch über Inhalte streiten. Parteien können bei den nächsten Parteitagen ihre internen Abrechnungen vornehmen. Aber jetzt den Untergang der Demokratie herbei zu diskutieren, halte ich in höchstem Maße für unangemessen.
Von den vielen Kommentaren im Netz hat mir einer besonders gefallen. Stefan Schwarz, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und Junge Union Vorsitzender in Rheinland Pfalz, hat in deutlichen Worten beschrieben, was ihn an der aktuellen Situation so ankotzt. Ich kenne Stefan seit 1991 und bin ihm dankbar für seine klaren Worte. Ich teile seine Einschätzung und auch seinen Artikel hier deshalb gerne:
VOM KOTZEN WIRD KEIN KÜHLSCHRANK VOLLVon Stefan SchwarzZum Kotzen finde ich das Hetzen und Abkotzen über den Kompromiss zwischen SPD und Union. BILD hat es mal wieder getan: Kotzen über die Politiker. Das ist BILD. BILD hat das Kotzen über Politik in der DNA. BILD hätte bei einem Scheitern der Koalitionsverhandlungen, wie andere auch, noch viel schlimmer geätzt. Wer nicht BLÖD ist, der erkennt schnell: Die Posten für die SPD sind Kompensation für wenig inhaltliche Konzession der Union in den zentralen Forderungen der SPD.Klar ist das beschissen für viele in der Union und darüber hinaus. Klar hat die SPD erpresst, hat Schulz sehr lange sehr katastrophal agiert, ist der selbstüberschätzende Mann aus Würselen ein schwerer Schaden für die SPD und für die Demokratie. Geschadet hat übrigens auch Zwerg Dobrint, als er meinte, auf die drauf treten zu sollen, die bereits am Boden lagen. Dieses politische Genie hatte die reale Lage (einmal mehr) nicht erkannt.Trotz Kotzen von BILD & Co. über die Postenverteilung (worüber sonst könnte man so schön hetzen…) bleiben die inhaltlichen Zügel der zu bildenden Regierung in der Hand von Merkel und Co. – dies entspricht dem Wählerwillen, und der Rahmen dieses spezifischen Koalitionsvertrages begrenzt die Mitglieder des Kabinetts in ihren Handlungsspielräumen ungewöhnlich stark. Was die Inhalte betrifft, steht in dem Koalitionsvertrag neben der üblichen politischen Lyrik auch eine ganze Menge an wichtigen Inhalten drin. Muss man natürlich mal lesen, das ist natürlich sehr anstrengend. Ganz viel Unsinn steht da übrigens gar nicht erst drin. Weil der nämlich – trotz Zwang zum Kompromiss, trotz Erpresssungsversuchen der SPD – verhindert worden ist.Ach, Ihr Hetzer: Schon vergessen, wie selbstverliebt FDP und SPD aus der Verantwortung geflohen sind? Noch eine Erinnerung daran, wie Lindner nur die Lücke gesucht hat, um abhauen zu können, nicht richtig arbeiten und politisch Verantwortung übernehmen zu müssen? Schon mal drüber nachgedacht, was es über den Zustand eines Landes aussagt, wenn die letzten Idioten, die bereit sind zu regieren, so diffamiert werden?Will dieses Land nur noch Brot und Spiele? Motto: Hauptsache, der Kühlschrank ist voll? Will dieses Land nur noch gaffen, um den Daumen senken und über die herfallen, die sich wenigstens noch mühen, dieses Land und seine Leute konkret die nächsten Jahre zu steuern – die schwierig genug werden?! Mich kotzen (immer mehr) die an, die nur noch abkotzen. Das kann jeder, das ist billig – und das zerstört mein Land und das Land meiner Kinder von innen, erfasst immer weitere Bereiche. Das Kotzen dehnt sich aus wie Krebs.Wenn dieses Land nicht endlich aufwacht und begreift, dass es mit seiner gewaltigen Freude an der Scheiße auf Dauer an den Arsch geht, dann ist es eben so. Ich will das nicht.Wir haben genug zu tun, um uns als Europa in den nächsten Jahrzehnten ordentlich zu positionieren, wenn wir nicht Spielball von anderen werden wollen. Oder wieder Nationalisten auf dem Vormarsch sehen wollen. Die sind ja schon ziemlich weit gekommen, und das Ende zeichnet sich nicht ab – im Gegenteil. Und die wichtigste Nation in Europa, ohne die auf Dauer die Stabilität, auch der Frieden selbst, in Europa bekanntlich nicht zu halten ist, die fängt nun auch noch an zu schwanken? Das, liebe Leute, das wird nicht lustig. Wie wäre es, sich mal – zusammen zu reißen, sich mal klarzumachen, wo wir stehen und die Risiken mit den Chancen abzuwägen?Sich mal zusammenreißen und hart nach vorne arbeiten zu können – statt nur zu jammern, oder zu hetzen – war das nur nach dem WK II eine deutsche Tugend? Sind wir Deutschen einfach nicht für Zeiten gebaut, in denen uns keine Krisen und keine Kriege dominieren? Können wir nicht einfach auch mal schwere Kompromisse machen, um das Land und den Kontinent im globalen Wettbewerb nicht abgehängt zu sehen? Und natürlich auch nicht Millionen von Menschen abgehängt zu sehen, die unberechtigte und auch berechtigte Ängste vor der Globalisierung und Kontrollverlust haben? Oder können wir nicht mehr Kompromiss?Oder brauchen wir, jeder für sich, für das eigene Ego, das eigene Interesse, die eigene, die radikale einseitige Lösung? Und alles andere ist dann zum Kotzen, oder wie…?! Kann sein, dass Dekadenz und Egoismus schon so weit in jede Faser der Gesellschaft gedrungen sind. Kann sein, dass wir die Fähigkeit verloren haben, eine Gesellschaft zusammen zu halten. Kann sein, dass wir uns wie die Esel verhalten, denen es zu wohl geht. Wenn’s vorbei ist, dann ist es halt vorbei. Die anderen werden das berücksichtigen. Viele, die den Deutschen den Erfolg ohnehin nicht gegönnt haben, werden es sogar mit Zufriedenheit zur Kenntnis nehmen – dass wir mit unserer Erfolgsgeschichte so weit gekommen sind, dass unsere Erfolge uns so unzufrieden gemacht haben, dass wir uns selbst das Land kaputt reden, inzwischen auch kaputt machen.Die super langweiligen Merkel-Jahre, mit ihrer bleiernen Langeweile aus Wachstum und Beschäftigung (für Millionen Familien, hier und in Europa), mit engerer europäischer Integration zur Fitness des Kontinents für kommende schwere Zeiten, das werden viele in Europa (auch in Deutschland) in 30 Jahren als – Achtung! – glückliche Periode empfinden. Und dem nachtrauern. Und natürlich vergessen und verdrängen, wie sehr sie selbst nichts getan haben, um den Niedergang aufzuhalten. Schon gar nicht erwähnen, wie sehr sie selbst dazu kräftig beigetragen haben.Hetze und Abkotzen ersetzt nie langweilige politische Arbeit. Wer Event und Entertainment sucht, der soll nach Hollywood gehen. Aber nicht in die Politik. Und wer die Politik zu Hollywood machen will, der versündigt sich am eigenen Land. Als wäre nicht Trump, als wäre nicht schon sehr lange Putin, als wären nicht die chinesischen Autokraten und die autoritären dieser Welt Warnung genug. Wer nicht sehen will, wird’s spüren: Dieser Kontinent ist auf dem absteigenden Ast. Und viel zu wenige sind bereit, sich aktiv dagegen zu stemmen.So – genug abgekotzt über die, die nur abkotzen?Es stimmt: Merkel hat viel Schuld an dem Ergebnis, das ist wahr. Aber zu übersehen, dass es in ganz Europa (Frankreich schon vergessen?) ähnliche, schlimmere, ja gefährlichere Entwicklungen gibt, das wäre nicht nur naiv, das wäre gefährlich. Italien wird auch nicht besser, Ungarn und Polen sind erschreckend, Korruption und Gewalt in Rumänien, Bulgarien, der Brexit, Belgien und Spanien in der Zerreißprobe, die Russen in der Ukraine, vor dem Baltikum, dann noch Griechenland, Türkei, unsichere NATO, ein irrlichternder Trump… und, und und. Und China? Auf dem Durchmarsch. Und wir machen: Nabelschau?Ja, sind wir denn alle verrückt geworden? Geht’s nicht vielleicht auch eine, besser zwei Nummern kleiner? Da ist dann immer noch genug Platz fürs Hobby, auf Merkel einzudreschen. Das sollte nur nicht noch viel mehr zu politischem Autismus führen…Viel wichtiger ist die Frage: gibt’s noch welche da draußen, denen so viel an Land und Leuten liegt, dass sie den Schritt mehr tun wollen, den Zusatzeinsatz für die Allgemeinheit, ja: den Dienst an unserem großartigen Deutschland und seinen tollen Leuten bringen wollen? Die nämlich werden dringend gesucht. Meckerbolzen und Hetzer haben wir inzwischen im Überfluss. Und daneben haben wir viel zu viele, wirklich viel zu viele, die nur noch an sich denken: Hauptsache, der Kühlschrank ist voll. (Oder das Konto oder der Tank, oder, oder, oder…)Falsch. Wer vergisst, was nötig ist, um Kühlschrank voll und Familie über Wasser zu halten, der hat schon verloren.Vom Kotzen wird kein Kühlschrank voll.ICH STEHE FÜR DIESEN INHALT:STEFAN SCHWARZ . BITTE TEILEN: FÜR ALLE, DIE DAS MAL ZUM (KURZEN) NACHDENKEN BRINGT…
Ungeheuerliches ist im Freistaat Thüringen geschehen – so zumindest ist der Eindruck am Tag danach, wenn man sich die Medienlandschaft und die politischen Reaktionen auf einen nicht ganz so ungewöhnlichen Vorgang ansieht. Gestern hatte die Landtagsabgeordnete Marion Rosin ihren Austritt aus der SPD-Fraktion und ihren Eintritt in die CDU-Fraktion erklärt und dazu eine umfängliche persönliche Erklärung abgegeben.
Die CDU-Landtagsfraktion nahm Marion Rosin einstimmig auf – soweit so gut und erfreulich. Jetzt müssen eine Menge Formalien geklärt werden, Büro, Ausschussbesetzung, Gremienvertretung und einiges mehr. Das ist nicht neu und auch nicht ungewöhnlich. Im Landtag ist es in dieser Wahlperiode schon der fünfte Wechsel. Drei AfD-Abgeordnete haben ihre Fraktion verlassen – einer davon ist zur SPD gegangen, die anderen beiden sind fraktionslos. Jürgen Reinholz hat die CDU-Fraktion verlassen und ist ebenfalls fraktionslos.
Die Erklärung von Marion Rosin für ihren Wechsel ist bemerkenswert, weil sie dabei mit Rot-Rot-Grün im Allgemeinen und mit den Linken im Besonderen abgerechnet hat. Dies scheint die einstigen Weggefährten besonders getroffen zu haben und so ergehen sie sich nun in beleidigten Reaktionen. Der Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee machte den Anfang und postete bereits am Abend vor dem Wechsel auf seiner offiziellen Facebook-Seite:
“Die Thüringer SPD-Landtagsabgeordnete Marion Rosin wechselt zur CDU. Angekommen bei den Wendehälsen. Den geringsten Widerstand fest im Blick. Gratulation. Enttäuschung, ja. Die Freunde in den Hintern getreten um des eigenen Egos willen. Bitte versuch’ nicht, mit Überzeugungen zu argumentieren, ich glaube Dir nichts mehr. Du hast den offenbar seit langem unbequemen roten Schafspelz abgelegt. Sehr tief kann die sozialdemokratische Überzeugung nicht gewesen sein: Man wirft nichts leichtfertig weg, was in einem tief verwurzelt ist. Marion, nimm Deinen Mann mit zu Deiner neuen Heimat und werdet glücklich. Wir jedenfalls brauchen Menschen, die nicht das erste Lüftchen umbiegt. Besser sind die, die Überzeugung und Haltung auch in schwierigen Zeiten bewahren.”
Die dauerempörte Grüne Astrid Rothe-Beinlich hielt sich etwas kürzer, aber nicht besser:
“Völlig daneben… fairer Umgang geht anders… SPD-Abgeordnete Marion Rosin wechselt in die CDU-Fraktion” und “Die über Nacht sich umgestellt zu jedem Staat bekennen das sind die Praktiker der Welt man kann sie auch Halunken nennen. Heine”
Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD Dorothea Marx tobte ebenfalls mit etwas zeitlicher Verspätung nach. In bester Honecker-Manier erklärte sie “Reisende soll man nicht aufhalten“. Etliche andere ehemalige Weggefährten forderten gar die Mandatsrückgabe. Alle handelnden Akteure verdrängten dabei völlig, wie die SPD mit wehenden Fahnen den AfD-Abgeordneten Helmerich in ihre Fraktion integrierte. Sie verdrängen, dass Fraktions- und Parteiwechsel in einer Demokratie etwas normales sind. Und sie verdrängen, dass sie für die Ursachen mitverantwortlich sind.
Ich habe Marion Rosin bei einer Reise der Landeszentrale für politische Bildung im Februar nach Israel kennengelernt. Wir haben in den zehn Tagen viele Gespräche führen können und ich habe ihre Distanz zu den linken und grünen Teilnehmern unserer Reisegruppe spüren können. Marion lag weder inhaltlich noch sonst irgendwie mit denen auf einer Wellenlänge. Und ich habe sie auch irgendwann einmal Abends in Jerusalem gefragt, warum sie sich diese Koalition antut und ob sie statt der SPD nicht besser bei der CDU aufgehoben wäre. Damals war das noch kein Thema, aber um so mehr freue ich mich, dass es dann doch schnell ging.
Herzlich Willkommen liebe Marion Rosin in der CDU! Das beleidigte Nachtreten ehemaliger Weggefährten ist der beste Beleg dafür, dass dein Schritt richtig ist!
Eigentlich wollen alle nur das Beste für die frühkindliche Bildung und für die Förderung von Kindern in Kitas und Horten, aber wenn´s ums Geld geht ist der breite Konsens schnell dahin. Dann beginnt meist die Suche nach Ausreden und Schuldzuweisungen.
Vor der letzten Landtagswahl war die Forderung nach einem beitragsfreien Kita-Jahr eine der zentralen Wahlbotschaften der SPD.
Dies war nicht ganz neu, schließlich hatte der Erfurter Oberbürgermeister dies schon Jahre zuvor angekündigt (aber nie umgesetzt). Neu war hingegen, dass nach der Wahl die SPD das Thema tatsächlich weiter verfolgen musste. Es wurde schließlich in den rot-rot-grünen Koalitionsvertrag geschrieben und mit der Abschaffung des Landeserziehungsgeldes verknüpft.
Das Landeserziehungsgeld wurde tatsächlich als eine der vordringlichsten Maßnahmen der neuen Koalition abgeschafft und das Geld dafür den Eltern entzogen und dem Landeshaushalt zugeführt. Das gebührenfreie Kita-Jahr sollten dann später kommen – 2018 oder so. In regelmäßigen Abständen melden sich die Grünen dazu zu Wort und stellen das gebührenfreie Jahr wieder in Frage und genauso regelmäßig erklären SPD und Linke, dass es aber dabei bleibt. Anfang 2017 sollte eigentlich die Novellierung des KitaG kommen und je näher dieser Termin kommt, desto konfuser wird die Diskussion.
Der Streit ging seit einiger Zeit um die Frage, ob das erste oder das letzte Jahr in der Kita kostenfrei gemacht werden soll. Pädagogisch würde zwar nur das erste Jahr Sinn machen – es soll ja schließlich eine Lenkungsfunktion in die Kita unterstützt werden. Dies wäre aber teurer, weil die Betreuungskosten in den ersten Kita-Jahren höher sind, als im letzten Jahr (erklärt das Ministerium). Also präferiert die Landesregierung das letzte Jahr.
Nach meiner Meinung wäre die beste Lösung den Eltern einen Gutschein über eine 12monatige kostenfreie Betreuung zu geben und diesen können sie einlösen, wann es für die Familie am sinnvollsten ist. Diese Gutscheine können der Kita-Träger oder die Kommune mit dem Land abrechnen.
Gestritten wird zudem seit Wochen heftig, wie viel das kostet und woher das Geld kommen soll (das mit dem Landeserziehungsgeld als Kompensation ist längst verdrängt, weil das Geld sowieso schon in den Haushalt eingesackt wurde). Das Bildungsministerium behauptet, die Freistellung würde 29 Millionen Euro kosten, weil schließlich ja auch den Kommunen die Kosten für die Kita-Gebühren der sozial bedürftigen Eltern erstattet werden müssten – momentan bezahlen diese Eltern gar nichts und die Kommune übernimmt die Kosten. Die sozial bedürftigen Eltern haben somit von der geplanten Gebührenbefreiung gar nichts – lediglich die kommunalen Kassen würden entlastet. Insgesamt geht es in dieser Altersgruppe um 97 Prozent der Kinder die bereits eine Kita besuchen und es ist höchstunwahrscheinlich, dass diese Quote durch eine Kostenbefreiung steigen würde.
Dies haben auch die Wohlfahrtsverbände und der Landeselternverband erkannt und fordern deshalb einen Verzicht auf das kostenfreie Jahr und stattdessen eine Qualitätsverbesserung durch eine bessere Betreuungsquote (fordern die Wohlfahrtsverbände) bzw. lieber das gebührenfreie erste Jahr und eine Qualitätsverbesserung (fordert der TLEVK).
Ob diese Wünsche noch erhört werden, kann bezweifelt werden. Die SPD-Finanzministerin scheint nicht bereit mehr Geld „rauszurücken“ und bei der Festlegung auf das gebührenfreie Jahr sind die Koalitionäre Gefangene ihrer eigenen Versprechungen.
Es sei denn, sie machen es wie der SPD Landesvorsitzende und Erfurter Oberbürgermeister. Seine Forderung nach Gebührenfreiheit für ein Jahr garnierte er in Erfurt im August mit einem Antrag, die Gebühren insgesamt für die Eltern um jährlich zwei Millionen Euro in der Landeshauptstadt zu erhöhen.
Heute erklärte er witzigerweise „ein Entlastung der arbeitenden Mitte ist längst überfällig“ und die jetzigen Pläne seien „eine der größten familienpolitischen Maßnahmen im Freistaat seit der deutschen Einheit“. Die Erfurter Eltern, die seit Jahren landesweit Kita-Höchstgebühren zahlen, werden sicher heute vor Lachen kaum in den Schlaf kommen.
November ist traditionell der Monat von zahlreichen Parteitagen. Seit vielen Jahren finden bei uns bei der CDU sowohl Kreisparteitage und Landesparteitage als auch Bundesparteitage statt. Da ich seit vielen Jahren Delegierter im Land und im Bund bin ist es natürlich eine Verpflichtung daran teilzunehmen – im Kreisverband natürlich auch.
Gestern fand der 32. CDU-Landesparteitag in Apolda statt, in zwei Wochen der 29. Bundesparteitag und dazwischen unser Kreisparteitag. Zusammen mit den Parteitagen des Demokratischen Aufbruchs 1990/1991 und den vielen Landes- und Deutschlandtagen sind es nun über 100 Tagungen in den letzten 26 Jahren, bei denen wir Personalentscheidungen getroffen haben und Anträge diskutiert sowie beschlossen haben. Und bei meinem ersten Bundesparteitag des damaligen Demokratischen Aufbruchs im Jahr 1990 in Berlin habe ich übrigens schon Angela Merkel kennengelernt.
In Apolda stand gestern die Neuwahl des Vorstands auf dem Programm und der geschäftsführende Vorstand wurde im Amt bestätigt, lediglich im Amt des Schatzmeisters gab es ein Wechsel. Mike Mohring wurde ebenso bestätigt, wie seine drei Stellvertreter. Ich habe mich darüber freuen können, dass ich erneut als Delegierter für den CDU-Bundesparteitag gewählt wurde – auch in den Jahren 2017 und 2018 werde ich unseren Bundesverband mit vertreten dürfen.
In zwei Wochen wird in Essen auch der Bundesvorstand gewählt und natürlich werde ich für Angela Merkel bei ihrer Wiederwahl als Bundesvorsitzende stimmen. Nachdem sie heute ihre erneute Kanzlerkandidatur erklärt hat geht jetzt der Blick auf die Bundestagswahl 2017. Neben den CDU-Parteitagen versammeln sich auch die Mitbewerber.
Interessiert habe ich die Ergebnisse der SPD-Parteitage registriert. Im SPD-Kreisverband gab es vor zwei Wochen einen mehr unfreiwilligen Wechsel an der Kreisspitze – somit abwarten, was der neue Kreisvorsitzende so für Vorstellungen hat.. Für den Landesparteitag hatte der SPD-Landesvorsitzende Andreas Bausewein eine stärkere Linksausrichtung angekündigt – seine Partei gab ihn bei seiner Wiederwahl aber auch noch eine klare Erwartungshaltung mit auf den Weg. “Weniger OB mehr SPD” forderten die Jusos. Der Job als Landesvorsitzender der SPD sei mehr als ein Hobby, meinte der SPD-Nachwuchs. Noch weniger Oberbürgermeister? Die jungen Genossen verkennen dabei, dass er derzeit schon seine Stadt kaum noch im Griff hat.
Bei den Beschlüssen des SPD-Parteitags wurde nicht ganz klar, ob diese mehr als Oppositionsrolle in der Landesregierung verstanden werden solle. 100 Mio. Euro mehr für die Kommunen wurden gefordert. Nicht bekannt ist, was die Finanzministerin davon hält. Zudem solle der Kita-Personalschlüssel, zumindest für die 3-4jährigen Kinder, verbessert werden.
Das wollen die Grünen derzeit auch – allerdings fordern sie es drastischer ein indem sie drohen, sonst das gebührenfreie Kita-Jahr zu kippen. Ich bin sehr gespannt, wie diese Diskussion weiter geht. Die Glaubwürdigkeit in Sachen Kita hat die SPD jedenfalls nicht zurück gewonnen. Zu widersprüchlich ist es was die SPD in Samstags-Parteitagsbeschlüssen fordert und in Mittwochs-Stadtratsbeschlüssen formuliert. In Erfurt (mehr OB statt SPD) will der Oberbürgermeister und SPD-Landesvorsitzende gerade die Kita-Gebühren kräftig erhöhen, obwohl er bereits vor Jahren Gebührenfreiheit versprochen hatte.
Stadtratssitzungswoche: Schon im Vorfeld der Stadtratssitzung am Mittwoch versuchen der Oberbürgermeister und seine SPD-Genossen Alles, um wenigstens einen noch kleinen Spannungsbogen zu halten.
Eigentlich sollte am Mittwoch das Haushaltssicherungskonzept beraten werden. Aber bedingt durch die links-link-grüne Uneinigkeit, wurde das Thema in den Ausschüssen “verräumt”. Laut dem danach gestricktem Fahrplan des OB hätte uns das HSK somit erst am 1. Februar 2017 zur Abstimmung vorgelegen und so hat die Verwaltung auch geplant.
Die berechtigte Kritik daran und vor allem die Kritik an den Folgen (einen Haushaltsentwurf 2017 wird es frühestens erst am Ende des 1. Quartals geben können haben sich die SPD-Genossen offensichtlich zu Herzen genommen. Getreu dem Motto: Wenn du schon nicht überzeugen kannst, stifte wenigstens Verwirrung (Murphy´s Gesetz) präsentierte die SPD nach den gestrigen Fraktionssitzungen heute einen Antrag an den Hauptausschuss, der das HSK nun auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung am 14.12.2016 bringt.
Theoretisch gut – praktisch aber etwas dumm gemacht! Dadurch wird der Finanzausschuss nämlich nicht, wie üblich, eine abschließende Empfehlung geben können, denn dieser tagt bereits vor den letzten Fachausschüssen. Viele Themen des HSK sind zudem noch nicht zu Ende diskutiert. Der Unterausschuss Kita-Gebühren berät zum Beispiel erst im Januar (im HSK stehen zwei Millionen Kita-Gebührenerhöhungen für die Eltern). Wenn der Stadtrat mit links-link-grüner Mehrheit kurz vor Weihnachten das HSK beschließt, ist dann die Beratung des Unterausschusses nur noch eine Schaufensterbefassung, denn die finanzielle Anforderungen an die Kita-Gebührenordnung wären schon festgelegt.
Ich denke, die nun entwickelte “Eile” der Genossen hat vor allem damit zu tun, dass der im September beschlossene Haushalt 2016 noch immer nicht vom Landesverwaltungsamt bestätigt wurde. Im Haushalt gab es in der mittelfristigen Finanzplanung den Verweis auf das HSK. Es ist durchaus möglich, dass dies auch dem Landesverwaltungsamt aufgefallen ist.