Das Plakatmotiv
Seit drei Wochen sind die Volleyballerinnen von Schwarz-Weiss Erfurt heiß diskutiert in den Medien dauerpräsent. Mit einer Stadtratsanfrage einer Kommunalpolitikerin der Erfurter Linken am 2. November begann eine Diskussion über die Frage, ob das Werbeplakat unserer Bundesliga-Volleyballerinnen nun sexistisch sei oder nicht.
In der morgigen Stadtratssitzung wird die Anfrage vom Oberbürgermeister mit einem klaren Nein beantwortet und im Zusammenspiel mit dem Medienecho der letzten drei Wochen dürfte damit dann endlich auch kommunalpolitisch wieder Ruhe einkehren. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Linken Kommunalpolitikerinnen nun das Thema noch weiter verfolgen.
BILD, MDR, Antenne Thüringen und viele andere Medien haben berichtet und meist auch kopfschüttelnd bewertet. In den sozialen Netzwerken war es ein viraler Hit und zahlreiche Vereine solidarisierten sich und zeigten Bein. In einer beigefügten Fotosammlung habe ich die vier originellsten Facebook-Posts gesammelt.
Die Antwort des Oberbürgermeisters teile ich ausdrücklich. Ab sofort konzentrieren sich unsere Damen und auch das Umfeld wieder rein auf das sportliche. Mit dem Punktgewinn gegen Meister Schwerin haben unsere Mädels gezeigt, dass sie auf dem Parkett ebenfalls eine tolle Figur machen. Morgen geht es darum nachzulegen – zur gleichen Zeit während wir Stadtratssitzung haben spielt der VfB 91 Suhl (Prachtregion) gegen Schwarz-Weiss Erfurt (Längste Beine Erfurts).
Antwort des Oberbürgermeisters auf die Anfrage:
Inwiefern ist den Stadtwerken bei der Erstellung von öffentlichem Werbematerial die Einordnung in diskriminierende/sexistische/rassistische und diskriminierungsfreie Werbung bekannt?
Die Stadtwerke treten lediglich als Sponsor auf. Die Verantwortlichkeit für die besagte Werbemaßnahme liegt bei der SWE Volley-Team Spielbetriebsgesellschaft mbH. Nach Rückfrage bei der SWE Volley-Team Spielbetriebsgesellschaft mbH, die sich nicht im Eigentum der Stadtwerke oder der Stadt Erfurt befinden, wurde die Werbebotschaft sorgfältig überlegt und mit vielen professionell tätigen Beteiligten abgestimmt. Unter anderem auch mit den Werbepartnern der Stadt (Ströer Deutsche Städte Medien GmbH und RBL Media GmbH), denen die Kriterien für Werbeinhalte bekannt sind.
Wie konnte es geschehen, dass in diesem vorliegenden Fall der Stadtrats-beschluss DS 019/16 zur Vermeidung diskriminierender, frauenfeindlicher und sexistischer Werbung auf stadteigenen Werbeflächen nicht umgesetzt wurde?
Das diskutierte Fotomotiv
Weiter für Gesprächsstoff sorgen die beiden Werbeaktionen der Damen-Volleyballbundesligisten in Thüringen. Wir, als Schwarz-Weiss Erfurt Volleyteam haben dabei noch Glück, weil wir noch nicht Thema beim Werberat sind, sondern “nur” in der Kommunalpolitik. Eine Stadtratskollegin der Linken hat jetzt im Rahmen einer Anfrage die Stadtverwaltung mit dem Thema beschäftigt.
Zwei einfache Fragen muss die Stadt dabei im Rahmen einer öffentlichen Anfrage nach § 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung in der nächsten Stadtratssitzung beantworten. Wie die Anfrage beantwortet wird, werden wir erst am 21. November bei der nächsten Stadtratssitzung erfahren. Da aber die Stadtverwaltung gestern schon einmal in unserer Volleyball-Geschäftsstelle “recherchiert” hat, erkläre ich da gerne als Vereinspräsident auch meine Meinung zum Thema.
Die erste Frage “Inwiefern ist den Stadtwerken bei der Erstellung von öffentlichen Werbematerial die Einordnung in diskriminierende/sexistische/rassistische und diskriminierungsfreie Werbung bekannt?” hat mit dem Thema nichts zu tun. Im kritisierten Fall sind alle drei Vorwürfe ziemlich konstruiert. Diskriminierend? Wer fühlt sich diskriminiert? Die Spielerinnen sicher nicht! Sexistisch? Ein Abendkleid ist dies sicher nicht, auch wenn darunter viel Bein zu sehen ist. Rassistisch? Das ist nun völlig absurd! In unserem Team haben wir in diesem Jahr Spielerinnen aus Argentinien, der USA, Brasilien und Finnland, einige von ihnen sind auf dem Bild (freiwillig) dabei.
Die zweite Frage lautet: “Wie konnte es geschehen, dass in diesem vorliegenden Fall der Stadtratsbeschluss DS 019/16 zur Vermeidung diskriminierender, frauenfeindlicher und sexistischer Werbung auf stadteigenen Werbeflächen nicht umgesetzt wurde?”. Um dies zu beantworten, müsste zunächst geklärt sein, ob die Vorwürfe so zutreffend sind.
Darüber hinaus lohnt es sich den Beschluss des Stadtrats (der übrigens einstimmig gefasst wurde) einmal genauer anzusehen. Im Beschlusstext steht “Eine Begutachtung der Werbeplakate im Vorfeld durch die Stadt findet nicht statt. Lediglich, wenn sexistische Werbung publiziert wurde bzw. Beschwerden über städtische Werbeflächen vorliegen, ist die Stadtverwaltung aufgefordert, die Werbung zu prüfen.”. Diese Prüfung wird nun sicher erfolgen und ich bin auf das Votum dazu sehr gespannt.
Die Art der Werbung haben wir vorher innerhalb der Vereinsgremien miteinander besprochen. Die Spielerinnen haben sowohl den Styling-Termin, als auch die Auswahl der Kleider für sich entschieden. Ich räume ein, dass sich das was mit Werbung gemacht wird und was gesellschaftlich akzeptiert ist, in den letzten Jahren gewandelt hat. Viele Arten von Werbung der letzten Jahre, wäre heute undenkbar. Auch wir hatten mit dem damals erotischen Schwarz-Weiß-Kalender “Vernetzung” im Jahr 2003 und einem Werbekalender für Bau- und Gartengeräte 2014 Werbemittel gewählt, die wir heute so nicht wieder nutzen würden. Insofern kann ich als Vereinspräsident versichern, machen wir uns auch in Zukunft um dieses Thema Gedanken.
Natürlich entschuldige ich mich bei denjenigen Betrachterinnen und Betrachter des Werbeplakats, die sich davon unangenehm angesprochen fühlen. Das war nicht unsere Absicht.
Werbung mit den längsten Beinen
Gegensätzlicher könnten die Kommentierungen im Internet kaum sein. Von Zustimmung bis hin zu Ablehnung ist alles dabei. Allerdings überwiegen dabei die Kopf-schüttelnden-Aussagen. Seit einigen Tage sorgt die Werbung der Volleyball-Bundesligisten in Thüringen für Diskussionsstoff. Alle möglichen Medien bis hin zu RTL berichten davon und im Fall des VfB 91 Suhl beschäftigt sich nun sogar der Werberat mit dem Thema.
Neu ist die Diskussion allerdings nicht. bereits im letzten Jahr wurde der Werberat angerufen. Damals fand er, dass der beanstandete Slogan “Beste Lage” auf den Hosen, bzw. dem Po der Bundesligavolleyballerinen nicht sexistisch sei, weil er klar augenzwinkernd auf das beworbenen Gewerbegebiet des Landeskreises Schmalkalden-Meiningen hinwies. In diesem Jahr setzte der Landkreis einen drauf und wirbt auf den Hosen mit “Prachtregion”. Die Landrätin verteidigte den Slogan und seit dem wird darüber diskutiert.
Werbung bei Sportvereinen soll, wie Werbung auch sonst, Aufmerksamkeit erzeugen. Insofern wurde die Aufgabe vorbildlich erfüllt. Werbung darf aber natürlich nicht sexistisch oder diskriminierend sein. Dafür gibt es klare Spielregeln. Von der TA wurde ich gestern gefragt, wie ich das Thema sehe. Als ehemaliger Ansprechpartner der Landesregierung für Antidiskriminierungsfragen sehe ich den Slogan an der Grenze dessen, was man machen kann/sollte. Für wesentlich halte ich dabei zunächst, was die Spielerinnen dazu sagen, ob sie gefragt wurden und ob sie mit der “Prachtregion-Werbung” einverstanden sind.
Auch wir, damals noch als Braugold Erfurt, später als SWE Volley-Team und jetzt als Schwarz-Weiss Erfurt, werben mit den optischen Reizen unserer Spielerinnen. Da gab es diverse Kalender, Fotoshootings und auch Werbeslogan auf Hosen und Trikots. In den letzten Jahren hat sich in dem Bereich allerdings die Toleranzgrenze deutlich gesenkt und in Zeit von virtuellen Reizüberflutungen sind selbst nackte Tatsachen nichts Neues. Verschiedene Handball- und Volleyball-Damen- (und Herren-)Mannschaften haben schon mit diesbezüglichen Bildern und dem Slogan “Wer will auf unsere Brust” nach Werbepartnern gesucht.
Ich bin sehr gespannt, wie die Diskussion weiter geht und was der Werberat in diesem Jahr dazu meint. Auch wir haben in diesem Jahr eine Werbung mit unseren Mädels und dem Slogan “Erfurts längste Beine” auf City-Light-Postern an Straßenbahnhaltestellen geschaltet. Unsere Mädels hatten beim Shooting viel Spaß und haben freiwillig mitgemacht. Aber es gab auch kritische Stimmen. Ich hoffe, wir müssen uns dafür nicht auch vor dem Werberat rechtfertigen.