
Im Blickpunkt „Gewalt an Frauen“ – Lichtblicke in Erfurt

Ihr Stadtrat für Erfurt

Derzeit gibt es in Thüringen über 30 kommunale Gleichstellungsbeauftragte. In allen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es sie und zudem gsetzlich geregelt auch in allen Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern. Um ihre Arbeit zu koordinieren und Erfahrungen auszutauschen, haben sie sich in einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Heute war ich bei der Landesarbeitsgemeinschaft zu Gast um mit den Gleichstellungsbeauftragten über das Themengebiet Antidiskriminierung zu diskutieren.
Als Generationenbeauftragter bin ich seit Ende Januar mit dem Aufgabengebiet als zentraler Ansprechpartner für Antidiskriminierung betraut. Bei den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ist dies ebenfalls bei vielen Kollegeinnen der Fall, dass sie mit weiteren Aufgabenfeldern betraut sind. Allein 10 von ihnen sind offizielle Ansprechpartner für Fälle des AGG. In den anderen Landkreisen bzw. Städten ist es höchst unterschiedlich geregelt. Mal ist der Bürgermeister selbst für das Thema zuständig, mal ist es der Büger- oder Behindertenbeauftragte und in einzelnen Fällen gibt es Beschwerdestellen bei der Stadt.
Die Gleichstellungsbeauftragten haben einen der größten Bereiche bei Verstössen gegen das AGG bei sich auf dem Tisch. Rund 21 Prozent der bundesweit erfassten Fälle betreffen Diskrimininierungen wegen des Geschlecht. In etwa in der gleichen Größenordnung gibt es Fälle von Diskriminierung wegen des Alters und der ethnischen Herkunft. Lediglich der Bereich von Diskriminierungen wegen Behinderung ist mit rund 25 Prozent noch größer. In der Diskussionsrunde wurde aber heute auch deutlich, dass es häufig auch Mehrfach-Diskriminierungen gibt.
Wir haben vereinbart gemeinsam Fortbildungen zu dem Thema anzubieten. In mehreren kommunalen Strukturen gab es 2007 (nach dem Inkrafttreten des AGG) Schulungen für Führungskräfte. Mit Infoblätter werden Mitarbeiter bei Neueinstellungen beispielsweise in Eisenach oder Erfurt über das AGG informiert. Unser gemeinsames Anliegen ist betroffenen Menschen zu helfen, sie zu beraten und Öffentlichkeitsarbeit für das Thema Antidiskriminierung zu betreiben. Ich bin froh darüber, in den Gleichstellungsbeauftragten Partner zu haben, die sich als mehr verstehen, als das oft zitierte “Sammelbecken der Unzufriedenen”.
Eigentlich wäre es wahrscheinlich kein großes mediales Thema. In der kommenden Woche soll der Thüringer Landtag das Gleichstellungsgesetz beschließen. In dieser Woche hat es der Gleichstellungsausschuß im Landtag abschließend beraten und eigentlich wollen es alle. Allerdings liegt der Teufel mal wieder im Detail und in dem Fall an der kleinen, aber nich unbedeutenden Frage, ob auch Männer Gleichstellungsbeauftragte werden dürfen.
Dies stand ursprünglich im Gestetzentwurf nicht drin, wurde aber durch einen Änderungsantrag von CDU und SPD eingebracht. CDU und SPD hatten sich geeinigt dies zusammen mit dem Klagerecht aufzunehmen. Die FDP forderte dies schon zuvor und Linke und Grüne sind strikt dagegen. Soweit ein ganz normaler Vorgang. Dieses Gesetz ist das erste Gesetz, welches auch im Onlineforum des Landtags mit den Bürgern diskutiert wurde. Dort war die Mehrheit für die Passage, dass Männer auch Gleichstellungsbeauftragte werden sollen können. Neben Linken und Grünen sind die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und der Landesfrauenrat strikt gegen diese Passage und wollen kommende Woche auch dagegen demontrieren.
In Zeiten, wo sonst nicht so viel politisch passiert, ist dies auch sofort ein großes mediales Thema, allerdings ist auch in den Zeitungskommentaren kein klarer Trend erkennbar und so sucht sich jeder den Kommentar aus, der ihm am besten gefällt. Ganz klar – mir gefällt der heutige Kommentar in der OTZ dazu am besten. Gleichstellung, Gleichberechtigung und Gleichbehandlung betont in der öffentlichen Diskussion jeder sehr gerne als das Ziel. Wenn es aber darauf ankommt, gibt es viele Gründe die dagegen vorgebracht werden. Mit meinem neuen zusätzlichen beruflichen Aufgabenfeld als Ansprechpartner für Thema Antidiskriminiserung bin ich gegen jede Form von Diskriminierung. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschreibt seit 2006 den rechtlichen Rahmen dazu. Es wird wohl eine große Herausforderung bleiben das AGG bekannt zu machen.
Neu ist das Thema aber nicht. Gleichstellungsgesetze gibt es in vielen Bundesländern schon lange. Das aktuelle Thüringer Gleichstellungsgesetz stammt aus dem Jahr 1998. In Sachsen-Anhalt gibt es seit 1997 das Frauenfördergesetz und darin ist geregelt, dass nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte werden können. Diese Passage diente 1997 dazu den damals einzigen männlichen Gleichstelltungsbeauftragten des Landes aus dem Amt zu bringen. Seit 1994 ist Lutz Blumeyer im Landkreis Börde Gleichstellungsbeauftragter. Er ist es bis heute. Seine Wiederbestellung war damals allerdings ein Politikum und löste einen heftigen Streit aus. Elke Schilling, von 1994 bis 1998 Staatsekretärin für Frauenpolitik, kämpfte vergebens um seine Abberufung.
Soweit sind wir in Thüringen nicht. Es gibt (noch) keinen Gleichstellungsbeauftragten und wenn es einmal einen gegen wird, wird er sicherlich für wegen seiner Qualifikation gewählt werden. Die Diskussion dazu wird sicher auch weiter geführt werden, wenn der Landtag nächste Woche das Gesetz beschließt.
Artikel in der TA
Artikel in der OTZ
Artikel in der Welt
Genau um dieses Thema ging es am gestrigen Frauentag bei der OB-Vorstellungsrunde im Frauenzentrum in der Pergamentergasse. Über 60 interessierte Frauen waren gekommen, um die sechs Kandiddaten und die eine Kandidatin genauer unter die Lupe zu nehmen.
Nach der kurzen Vorstellungsrunde folgte ein engagiertes Frage- und Antwortspiel, bei dem jeder mit mehr oder weniger Zustimmung für seine Positionen warb. Von den bis jetzt veranstalteten Vorstellungsrunden war dies gestern Abend sicher die Interessanteste. Auch nach der Veranstaltung habe ich noch über eine halbe Stunde mit interessierten Frauen weiter diskutiert.
Für mich steht fest: Eine ausgewogene Kommunalpolitik trägt entscheidend dazu bei, wie sich das Leben im Alltag für die Erfurter Frauen gestaltet. Überall lassen sich dazu zahlreiche Beispiele aus der Praxis finden: etwa bei der Stadtplanung, beim öffentlichen Verkehr, bei der Gesundheits- und Gewaltprävention, der Schul- und Ausbildung, Kinderbetreuung, auch das Studieren mit Kind an der Universität Erfurt oder Fortbildungen an der Erfurter Volkshochschule – Kommunalpolitik ist immer auch Frauenpolitik. 



