Zusammenfassung Stadtratssitzung 24. Juni 2015
(Quelle CDU-Stadtratsfraktion) “Die Haushaltsberatungen sind in der Stadt Erfurt immer ein ganz besonderes Schauspiel – in diesem Jahr allerdings haben sie mehr Züge von einem Drama!“, kommentierte CDU-Fraktionschef Michael Panse in seiner Haushaltsrede in der Stadtratssitzung am 24. Juni 2015. Die bis nach Mitternacht andauernde Sitzung umfasste dabei nicht nur die Beratung zum Haushalt 2015. Bevor der Haushalt und die ihn begleitenden Anträge aufgerufen wurden, mussten zunächst wie üblich wenige Stadtratsanfragen und weitere Anträge abgearbeitet werden.
Autofeindliche Vorgeschichten
Zu den strittigen, nicht haushaltspezifischen Themen gehörte erneut ein Antrag zum Bau eines Parkhauses am Löbertor. Es handelte sich dabei um die Neuauflage eines Planungsentwurfes, der vor etwa einem Jahr zwar nicht generell abgelehnt, jedoch in verschiedenen Details kritisiert wurde. Dabei spielte insbesondere die optische und architektonische Wirkung des künftigen Baus eine Rolle. Dies wurde nun überarbeitet. Natürlich bot die Diskussion ausreichend Platz, damit die Grünen ihre gegen Autos (und gegen die auf Autos Angewiesenen, wie Familien, Senioren oder Gehbehinderte) gerichtete Ideologie entsprechend verkünden konnten. Stadtrat Jörg Kallenbach betonte jedoch erneut, dass Parkhäuser in der Peripherie der Innenstadt für die Umsetzung der Begegnungszone unerlässlich sind. Um die Leute zum ÖPNV zu bewegen und für die Beruhigung der Innenstadt Grundlagen zu schaffen, muss ein Angebot geschaffen werden, um das Auto abzustellen. Ein Kurzstreckenticket für die Stadtbahn wäre beispielsweise eine passende Ergänzung. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen. Die grüne Ideologie brach auch im Zusammenhang der Sanierung der Theo-Neubauer-Straße 33 durch. Es handelt sich dabei um ein Grundstück mit einem großen Innenhof, auf dem man durchaus zahlreiche Parkplätze einrichten könnte. Dies ist in der Theo-Neubauer-Straße auch dringend notwendig, um die bereits parktechnisch überlastete Straße zumindest ansatzweise zu entlasten. Eine Entlastung wäre prinzipiell sogar für die gesamte Krämpfervorstadt notwendig. Bereits in den zuständigen Ausschüssen versuchten die Vertreter der Grünen, die Stellmöglichkeiten komplett zu verhindern. Offenbar waren deren Vororttermine nicht abends oder nachts, sonst wäre ihnen wohl das tägliche Parkdrama aufgefallen. Erfreulich ist daher, dass einen Kompromissvorschlag erarbeitet werden konnte, sodass zumindest 16 Stellplätze zu den Sanierungszielen gehören. Der Antrag wurde in der geänderten Fassung einschließlich des Kompromisses ebenfalls angenommen.
Die eigentliche Geschichte: Städtischer Haushalt auf Talfahrt
Die maßgebliche Debatte der Stadtratssitzung am 24. Juni drehte sich in aller Dramatik um den Haushalt für 2015. Dieser wurde mit über einem halben Jahr Verspätung vom Oberbürgermeister eingereicht. Im Prinzip kann man nur noch von einem Haushaltsfragment sprechen. Die Bestätigung durch das Landesverwaltungsamt (wenn überhaupt) wird voraussichtlich erst im August geschehen. Wo Unternehmen also schon fast mit ihren Jahresabrechnungen beginnen, wird die Erfurter Stadtverwaltung erst wach und fängt langsam an haushaltswirksam zu agieren.
Die Debatten in der Ratssitzung gestalteten sich äußerst intensiv. Dabei gab es nicht nur Schlagabtausche zwischen dem Kooperationsgebilde von Rot-Rot-Grün und der Opposition. Man hätte den Eindruck gewinnen können, dass es heißt „Jeder gegen jeden!“ So stimmten einzelne Vertreter von SPD, Linken und Grüne gegen eigene Anträge und für Anträge der Opposition. An anderer Stelle beschimpften und beschuldigten sie sich gegenseitig. Auch die Verwaltung und ihr rot-rot-grünes Bündnis waren sich auffallend uneinig. Besonders die Verwaltungsstellungnahmen richteten sich gegen Anträge des Bündnisses und umgekehrt ignorierte das Bündnis etwa Dreiviertel dieser Hinweise bei der Abstimmung.
Den Höhepunkt fand dieses gegenseitig-ignorante Spiel im Stimmverhalten des Oberbürgermeisters. Als oberster Dienstherr der Verwaltung hat er auch die Hand über die Stellungnahmen der Verwaltung. Teilweise jedoch stimmte er mit Rot-Rot-Grün gemeinsam und damit gegen die Stellungnahmen seiner eigenen Verwaltung – ein bizarres und widersprüchliches Schauspiel. Die deutlich sichtbaren Verwerfungslinien innerhalb der rot-rot-grünen Kooperation, innerhalb der Verwaltung sowie zwischen Rot-Rot-Grün und Verwaltung hinsichtlich des Haushaltes zeugten zudem von einem Mangel an sachlicher Auseinandersetzung mit dem Zahlenwerk und dessen Bedeutung.
Ein Spiegel für dieses Zerwürfnis waren auch die gemeinsamen Änderungsanträge des Dreierbündnisses. Diese waren geprägt von signifikanten Rechenfehlern und Fehlern bei der Setzung der Zeichen Plus und Minus. Und nach uns kommt der Haushalt? Oder doch eher die Sintflut? Den Auftakt zu den Haushaltsreden setzte der Fraktionsvorsitzende der SPD. Er betonte, der Haushalt 2015 habe eine klare rot-rot-grüne Handschrift. Dem ist auch nicht zu widersprechen. Nicht nur, dass die CDU-Anträge komplett von rot-rot-grün abgelehnt wurden, man möchte auch ungern Autor eines solch brüchigen Gesamtwerks eines Haushalts sein. SPD-Fraktionschef Warnecke zählte stoisch und monoton die „Errungenschaften“ des rot-rot-grünen Zweckbündnisses auf. Eigenlob kam dabei nicht zu kurz. Er erklärte außerdem, man dürfe die Kommune nicht kaputt sparen. Offenbar bevorzugt er den Weg des „Kaputt-Ausgebens.“
Anschließend kam CDU-Fraktionschef Michael Panse zu Wort. Er erinnert zunächst daran, dass der Oberbürgermeister den Haushalt 2015 bereits im letzten Herbst vorlegen wollte. Mit einer Verspätung von circa einem halben Jahr solle der Haushalt jetzt im Sommer 2015 beschlossen werden. Rechtsgültigkeit würde er jedoch erst erhalten, wenn er im Anschluss durch das Landesverwaltungsamt bestätigt wird. Die Betonung liegt dabei auf dem Wörtchen „wenn“. Panse bekräftigte daher: „Finanzpolitisch gesehen, befindet sich die Landeshauptstadt Erfurt im freien Fall und der Aufschlag ist abzusehen! Die Stadtverwaltung selbst hat etwa dreiviertel der Haushaltsanträge von Rot-Rot-Grün als ausgesprochen unseriös gegeißelt. […] Wir haben […] in den vergangenen Jahren bereits eindringlich vor diesem Szenario gewarnt. [Rot-Rot-Grün hält] sich weiter Augen und Ohren zu. Die CDU-Fraktion wird daher auch in diesem Jahr den Haushalt ablehnen!“
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen Thumfart äußerte sich wie üblich in besonders staatstragender Manier: „Wir sind über die Dörfer gezogen und haben viele kleine Beträge eingesammelt.“ Im Wesentlichen war Thumfarts Rede von überheblichen Beschimpfungen der Opposition geprägt.
Für die CDU-Fraktion äußerte sich auch Heiko Vothknecht mit Blick auf die Erhöhung der Grundsteuer B, die von Rot-Rot-Grün ein weiteres Mal beschlossen wurde: „Wieder einmal dürfen sich die Erfurter Bürger über eine Steuererhöhung ‚freuen’. Die Grundsteuer B wurde bereits das fünfte Mal innerhalb von 8 Jahren, also in der Amtszeit des jetzigen Oberbürgermeisters, angehoben. Statistisch bedeutet dies alle 1,6 Jahre.“ Vothknecht kritisierte außerdem die Verlagerung der ureigenen Verantwortung der Verwaltung auf diverse externe Gutachter. Trotz ausreichendem Personal gibt die Verwaltung neben den immer weiter steigenden Personalkosten u.a. für zahlreiche Volljuristen noch zusätzlich Geld für zahlreiche Gutachten aus. Der Finanzpolitiker plädierte zudem für den Stopp von überflüssigen Großprojekten, wie der Nordhäuser Straße, sowie für eine grundsätzlich nachhaltige Finanzpolitik.
Von sozialer und vielmehr pseudosozialer Schaufensterpolitik
Unter dem Aspekt „Die Katze beißt sich in den Schwanz“ ist des Weiteren folgender Zusammenhang zu betrachten: Rot-Rot-Grün fordert den Erhalt des Sozialtickets (allerdings nur die Sparvariante), um besonders Menschen mit geringem Einkommen (u.a. auch Rentner, aber auch einkommensschwache Familien) und sozial Schwache zu unterstützen. Auf der anderen Seite fordert das Bündnis entsprechend des Vorschlages der Verwaltung die Erhöhung der Grundsteuer B, die u.a. Mieterhöhungen zur Folge hat (und das obwohl die Mieten in Erfurt ohnehin schon am Steigen sind). Die Thüringer Allgemeine hat den Beschluss zum Haushalt 2015 sehr treffend betitelt: „Das Sozialticket bleibt, doch das Leben in Erfurt wird teurer.“ Damit ist das Sozialticket zu einer reinen Showeinlage geworden. Deshalb schaffte sich Rot-Rot-Grün Gründe zur Rechtfertigung des Erhalts desselbigen, nämlich indem an anderer Stelle Steuern (und damit u.a. auch Mieten) erhöht oder Zuschüsse (Verpflegungsgeld an Kitas) gestrichen werden. De facto wird letztlich das Geld zwar an einer Stelle gegeben, aber hinten herum wieder genommen. Somit konnten einerseits der Schaufenstereffekt des Sozialtickets gewahrt und andererseits Lücken im Haushalt so gedeckt werden, dass es kaum jemand bemerkt. Gelingen wird dieses Experiment jedoch nicht. Über Facebook kommentierte der Stadtelternbeirat Erfurt den Beitrag der Thüringer Allgemeinen zum Haushalt 2015 enttäuscht: „Ja, das Leben wird teurer in Erfurt. Damit setzt sich der Trend insbesondere für Eltern leider fort…“ Mangel an sachlichem Diskussionswillen Dem rot-rot-grünen Bündnis fehlten außerdem an vielen Stellen die sachlichen Argumente. Dies äußerte sich beispielsweise in unseriösen Beschimpfungen mit der Opposition als Adressaten ganz im Sinne dessen, was Michael Panse in seiner Rede zuvor betonte: „Das trotzige ‘Aufstampfen auf dem Boden’ [von Rot-Rot-Grün] mit den Worten ‘ich will aber trotzdem’ kann man kleinen Kindern gerade noch mit viel Toleranz durchgehen lassen.“ Dabei wurde die Oppositionsarbeit u.a. relativiert nach dem Motto: Der Opposition bliebe ja nichts anderes übrig, als zu kritisieren und die Anträge von Rot-Rot-Grün als Luftbuchen zu bemängeln.
Weitere Haushaltsthemen: Beschlossen wurde in der Stadtratssitzung die Änderung der finanziellen Untersetzung des Schulnetzplans für die Schuljahre 2014/15 bis 2018/19 – natürlich mit den Stimmen von Rot-Rot-Grün. Stadtrat Michael Hose macht in seiner Rede darauf aufmerksam, dass die Schulen besonders im Südwesten der Stadt aus allen Nähten platzen. Diese würden mit dem Änderungsbeschluss weiter nicht berücksichtigt und auf die lange Bank geschoben. Er nannte beispiele wie die Christian-Reichart Schule, die Schulen in Hochheim und die Schulen am Rabenhügel. All diese Schulen haben etwas gemeinsam: steigende Schülerzahlen, Platzmangel, baulicher Rückstand, Umfunktionierung von Räumen etc. Trotz verschiedener Zusagen müssen diese Schulen mit den derzeitigen Zuständen auch weiterhin leben. Bei den Schulen hat die rot-rot-grüne Mehrheit mehr oder weniger Tabula rasa beschlossen. Folgen nun die Kitas – trotz Sanierungsversprechen?
Die Änderung des Programms zur Erhaltung und zum Ausbau von Betreuungsangeboten in Kindertageseinrichtungen ab 2015 wurde von Rot-Rot-Grün beschlossen. Dabei wird klar ersichtlich, dass das oft wiederholte Sanierungsversprechen des Oberbürgermeisters für den Kita-Bereich auch nicht im Jahr 2018 eingehalten werden kann. Dominik Kordon erklärte: „Verschiedene Kitas werden immer wieder vertröstet, obwohl der Sanierungsstau immer weiter steigt!“ Ein Beispiel ist dabei der Kindergarten in Frienstedt, der baulich Nachholbedarf hat und fast aus allen Nähten platzt. Verstärkt wird dort die Situation dadurch, dass im Einzugsgebiet viele junge Familien zuziehen und weitere Baugebiete entstehen. Dies ist eine erfreuliche Entwicklung. Dementsprechend müsste der Kindergarten baulich angepasst werden. Laut des rot-rot-grünen Beschlusses wird er aber vorerst nicht berücksichtig. Anderen Kitas geht es ähnlich. Der Oberbürgermeister selbst bekräftigte in der Sitzung, dass ein Schwerpunkt seiner Politik die Kita-Sanierung sei. Dies stimmt jedoch nicht ganz. Schwerpunkt war lediglich, das Versprechen Kitas zu sanieren. Von einem Versprechen allein können Kitas jedoch nicht saniert werden. Dafür müssen neben den Ankündigungen auch Taten folgen.
Die CDU-Fraktion reichte deswegen einen Begleitantrag zur Verwendung von 8 Mio. Euro Bundesmitteln u.a. für die Schulsanierung ein. Dieser wurde von Rot-Rot-Grün abgelehnt. Antje Tillmann kommentierte die Debatte und diesen ablehnenden Beschluss – sie verstehe nicht, dass hier ein Aufschub in der Schulnetzplanung beschlossen werden soll. Das Geld sei da. 8 Mio. Euro stehen vom Bund bereit. Zum Thema Kommunale Wohnungsgesellschaft (KoWo) äußerte sich Stadträtin Marion Walsmann. Die Fortschreibung zum Wirtschaftsplan 2015 der KoWo stand ebenfalls auf der Tagesordnung. Die CDU-Fraktion spricht sich demnach gegen die Gewinnabführung aus der KoWo in den städtischen Haushalt aus, weil die KoWo die Gelder insbesondere für Rücklagen benötigt. Im schlimmsten Fall zwingen die Verwaltung und Rot-Rot-Grün die KoWo, Mieten zu erhöhen, weil dann Gelder an bestimmten Stellen fehlen würden. Dies hätte erneut Folgen insbesondere für Mieter mit ohnehin schon geringem Einkommen – also für Menschen, die das Dreierbündnis an anderer Stelle plakativ unterstützen will. Rot-Rot-Grün stimmte erwartungsgemäß für die Gewinnabführung.
Die CDU-Fraktion lehnte den Haushalt 2015 letztlich in Gänze ab. Zuvor brachte sie insgesamt acht umfängliche Anträge zum Haushalt ein. Diese finden Sie hier. http://www.cdu-fraktion-erfurt.de/inhalte/1/aktuelles/86436/haushaltsantraege-der-cdu-fraktion/index.html Diese Anträge wurden von Rot-Rot-Grün komplett abgelehnt. Damit war der Haushalt aus CDU-Sicht in keiner Weise zustimmungsfähig. Es bleibt nun abzuwarten, wie das Landesverwaltungsamt in Weimar über diesen beschlossenen Haushalt befindet. Die Finanzbeigeordnete Pablich selbst betonte bereits zu Beginn der Haushaltsplanung im Mai, dass der Haushalt 2015 auf Kante gebaut sei. Rot-Rot-Grün hat dies mit zusätzlichen Luftbuchungen verstärkt. Raum für Rücklagen bleibt kaum. Es ist daher unsicher, ob dieser Haushalt am Ende überhaupt genehmigungsfähig sein wird.